Seite - 114 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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Bisher gelang es der Bodenkultur nur die östlichen vor der Bora geschützten Ränder
des Bisee-Polje für sich zu gewinnen. Auf niedrigen Stöcken zwischen den Kalkschollen reift
der schwerduftende, wie von einem geheimen Feuer durchglühte Mostarer Wein am Fuße
des Pod-Velez, der den Ostrand des Bjelo- und Bisee-Polje der ganzen Länge nach
begrenzt. Die mächtige Wirkung dieses Bergzuges liegt darin, daß die unvermittelt aus
der Thalebene aufsteigenden Steilhänge sich zu einer Höhe von 1000 Meter erheben
müssen, ehe sie das schmale sterile Haupt-Plateau erreichen, von dessen Rand oberhalb
Mostar Festungswerke hinablugen. Von diesem Absätze aus steigt uuu erst der große
Velez in nochmals 1000 Meter auf, das herrliche Hochgebirgswahrzeicheu der
hercegovinischen Hauptstadt. Seine Hänge umkleiden Buchenhochwälder, in denen die
Gemse ein Versteck findet, dann weiter oben die schönsten Alpentriften, bis endlich der
lange, scharfe, gezähnte Kamm mit den glitzernden Firnstreifen frei daliegt! Der erquickende
Anblick des Velez bleibt aber den heißen, dürstenden Poljes an der Narenta unten immer
entzogen, und nur, was unter dem Velez ist, das „Pod-Velez", starrt sie düster an.
Der Velez wird von dem Dnbrava-Plateau nur durch eine Furche, die „Biöina",
geschieden, durch welche eine weit mehr als tausend Meter Höhe erklimmende Straße aus
der Südostecke des Polje in die östlich hinter dem Velez liegende Hochebene von Nevesinje
führt. In dieser Ecke rnht auf einem unersteiglich aussehenden Felsenthrone die Haupt-
burg des alten Zachlumien, des trotzigen Landes „jenseits der Hügel", wie es das Volk
am Meeresstrande nannte. Aus dem „Bona" (Buna) der Römer ward das königliche
„Blagaj", und als „Stjepangrad" fiel sie in Trümmer. Sie diente dem mächtigsten
Herrn, der je über das störrige Land geherrscht, Herzog Stefan, dem Nachfolger des
gewaltthätigen Sandalj Hranic.
Die „Stjepangrad" stützenden Felswände bilden dort, wo sie den ebenen Boden
erreichen, ein stark vertieftes Ricfenthor, das im Hintergrunde sich rasch zu einem Schlund
verengt. Geräuschlos entquillt diesem die Wassermenge zu einem ansehnlichen Flusse, der,
nachdem er sich zwischen den kolossalen Steinpfeilern gesammelt, als „Buna" hinaus iu
das Biöee-Polje wogt. Knapp vor dem Buna-Ursprung liegen bereits in dem schwarzen,
eisigen Schatten der überhängenden Felsthormassen die Ruinen einer Moschee, welche
herabstürzende Felsblöcke entzweigespalten, und ein schwankender, vielerkeriger Holzbau,
der das Grab des frommen Scheichs Sariz-Altuk enthält, der die Höhle auf die
herkömmliche Weise von einem Mädchenopfer heischenden Drachen befreite, eine Prinzessin
von Stjepangrad heiratete und dauu starb. Dasselbe bewachen nun schon seit Jahrhunderten
Derwische vom Orden der Kaden, und man muß ihre Gastfreundschaft in Anspruch
nehmen, wenn man von dem unter dem Anpralle des Wassers erzitternden Balköne der
Theke aus den Anblick des Buna-Ursprunges genießen will.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch