Seite - 128 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Bild der Seite - 128 -
Text der Seite - 128 -
128
D a s hercegovinische Hochgebirge und die montenegrinische Grenze. —
An zwei Stellen dringt die Hercegovina bis an die Meeresküste vor: in den Bocche di
Cattarv, mit einer schmalen, „Sntorina" genannten Thallandschaft, und an den Canale
di Stagno, mit einem breiten Streifen, der in dem grünen Gehänge des Golfes von Klek
endet. Ein kleines Stück Meer in einer leuchtenden Bucht, Gebirgsstille zwischen tiefen
Thälern; ein winziges Hafenörtchen — Nenm — in ungestörter Sabbathruhe und eine
immergrüne, herrliche Strauchvegetation. Dies ist das Gesammtbild des hercegovinischen
Hafens.
Nicht so erfreulich bleibt es, wenn man den landeinwärts führenden Fußsteig ver-
folgt. Zuerst überquert man die „Strada Marmont", jene breite, schöne Küstenstraße des
»Herzogs von Ragusa", Marschall Marmont, ein Andenken an die Zeit der Franzosen-
herrschaft in Dalmatien. Allerdings ist die Straße an vielen Stellen so vernachlässigt,
daß sie nur den Unterbau zeigt und man den Übergang in die pfadlose Wildniß nicht so
schwer empfindet. Denn in diesem Landstriche ist das Reisen ein beschwerliches Vergnügen.
Wo die Tritte mit den Opanken das Gestein gelblich gefärbt, da läuft die Wegspur hin.
Die ärmlichen Grashälmchen verschmachten zwischen sonnendnrchglühtem Geröll, das
unter den Hufen wie Glas klirrt, und das Grün flüchtet sich in kraterähnliche Kessel.
Nur eine großblütige Distelpracht nebst dem unvermeidlichen Teufelsdorn und Salbei
ist überall zu finden. Das Schreckniß der „Ulice", der „Gassen", herrscht hier wie in der
ganzen südlichen Hercegovina. In der Nähe der Ortschaften werden in den Anwesen ohne
Unterlaß Steine „gerodet". Man wirft sie über die Mauern und zwischen diesen führt
natürlich der hals- und beinbrecherifche Weg hin. Zuweilen führen diese Gassen auch zu
angenehmen Überraschungen, wie eine das reizende Blindthal von Gradac ist, in dem ein
köstlich erfrischender, hellrother Wein reift. Der Süden läßt sich nicht verleugnen, am
wenigsten in den glntängigen, biegsamen Menschengestalten. Würdevoll einherschreitende
Eseltreiber mit rothsammtenen, goldgestickten Djemadans (Westen) und silbernen Brust-
panzern, katholische Priester, die „Dons" mit Schnallenschuhen und Dreispitz, Mädchen
in weiße Spitzenschleier gehüllt, solchen Figuren begegnet man auf den schmalen Fuß-
pfaden dieser Karstplateaux. Die weitverzweigten, mächtigen Sippen der kühnen Frei-
schärler in allen Befreiungskämpfen leben hier ein eigenthümlich uralt gefärbtes Hirten-
leben, dessen Interessen über die Grastriften und Tränkeplätze ihrer Heimat nicht
hinausreichen.
Bald wird aus den Narenta-Sümpsen die Locomotive heraufkeuchen in die Gaue
von Hrasno. Vorerst hält sie in Dolnji-Hrasno. Die wenigen Steinhütten des Ortes
klemmen sich zwischen die Klippen, welche da und dort Eichenbuschholz umsprießt.
Beständig kämpft der weiche Seehauch mit der scharfen Höhenluft. Die Farbenreflexe des
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch