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Karst weiter. Und welch ein Karst! Ein morsches Riesengebirge mit hundertverwittertenHoch-
gipseln, die in Todestraurigkeit ihr Haupt neigen und thalab stürzen. Stück für Stück ihres
mürben Gebeins zerschellt, zersplittert, und nur der Schutt wächst hoch und höher. Es ist ein
Gebiet unglaublicher Unwegsamkeit, vollständig unübersichtlich, voll Löcher und Schlünde,
aber großartig in der Mannigfaltigkeit der Detailformen. Übergänge der beschwerlichsten Art
stellen die Verbindungen her aus einem leeren Blindthal in das andere. Die Vegetation ver-
kümmert hier zu dichten, harten Grasbüscheln, die aus den Steinfugen wachsen, die seltenen
Quellen werden zu dem „Kapljenik", der nur tropfenweise das Gestein feuchtet.
Die einzige Hochfläche ist die von Grab („Hagebuche"), eine mit spärlichem
Eichengestrüpp und Gras bewachsene kleine fächerförmige Ebene, auf welche die einzel-
stehenden Zähnen gleichenden Bergzacken ihre Schnttrnnsen absetzen. Dies ist das Dorado
des kriegerischen Stammes der Znbci, die, wie in den Ragnsaer Urkunden zu lesen ist,
„ans Armut von Ranb lebten," arme Hirten, die ein Nomadenleben führen müssen,
um ihr Vieh zu ernähren. Eine schmale Felsfurche, die geradeaus nach Arslanagicmost
hinablünft, bildet den besten Zugang aus dem Konavlje herauf und wird durch eine
Defensivkaserne gesichert. Von Steinwällen kraterartig nmzogene, niedrige, strohgedeckte
Steinhütten zu kleinen Dörfern geschlossen, umsäumen die lichte Fläche. Einem derselben
entstammte der nicht über jedes Bedenken erhabene, aber vielbesungene Führer der
Zubci in den letzten Befreiungskämpfen, der Waffenschmied Lnka Vukalovic, der mit
Kanonen aus Kirschholz, die mit Eisenreifen zusammengehalten waren, auf die Türken schoß.
Die seltsamsten Erscheinungen sowie bedeutende Temperaturnnterschiede drängen sich
auf einen engen Raum zusammen. In der Nachbarschaft des vermuhrten Graber Polje
liegen in beinahe alpiner Höhe die Flächen von Konjsko. Hohl klingt der Boden hier unter
den Schritten, so daß das treue Pferd furchtsam zurückweicht. Die coucav gewölbten
Flächen sind zum Einstürze bereit in jene furchtbaren Tiefen, die durch schwarze, brunnen-
artige Löcher zu uns heraufgähnen. Und noch etwas weiter umfängt uns Plötzlich der lang
entbehrte Ton des Waldesrauschens, wie eine Erlösung in dieser Steinwildniß. Die hoch-
stämmigen Buchen der montenegrinischen Bjelagora drängen sich über die Grenzwehr,
duftende, lebhaft gefärbte Röschen nnd tiefblauer Enzian sprossen zwischen den Fugen der
Schuttkegel, welche die höchstgelegenen Posten unseres Cordons tragen, von denen Borova-
glava in eine Seehöhe von 1336 Meter aufsteigt. Ewig von Winden umsaust, versinken
sie im Winter nahezu in Schnee. Von den die Patrouillenwege markirenden hohen Stein-
pyramiden sieht man oft kaum die geschwärzten Spitzen, und in der Tiefe von Lastva
in welche der Blick hinabtaucht, lacht frisches Grün.
Die starren ungegliederten Felsmauern der Jas t rebica , des „Geierzuges", ziehen
nun weiter als Grenzscheide gegen Süden, und wo ihr Grat in dem wie der Fangzahn eines
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch