Seite - 172 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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Das Mauerwerk dieser Bauten ist wohl dürftig; aber um so reicher ist der architekto-
nische Schmuck jener Abtheilungswand zwischen der Kirche nnd dem Sanctnarium, welche
auch sonst in frühromanischen Kirchen des Abendlandes anzutreffen ist und die Urform des
für die morgenländische Kirche typisch gewordenen Eikonostasions repräsentirt.
In Zeniea und Dabravina finden wir als Glieder dieser Zwischenwand abgedrehte,
gewundene oder auch mit Weinranken verzierte, auf reich ornameutirten Pfeilern stehende
Säulenschäfte mit schönen reich gegliederten Capitälen. Romanisirende Palmetten,
Aeanthusse, Tauben, Stier- und Widderköpfe beleben diese Capitale, bei welchen der
Übergang von der Rundform zur Plinthe in abwechselnder sinnvoller Weise bewirkt
wird. Sämmtliche Balken, Träger und Stützen sind gleichfalls reich mit geometrischen
oder stilisirten Pflanzenornamenten verziert, während die Füllungen abwechselnd mit
ornamentalen auch figurale Darstellungen enthalten. Die Motive der letzteren sind
symbolisch-religiösen Inhalts, aber auch abenteuerliche Thiergestalten und selbst Turnier-
scenen kommen da vor. Dem Stile nach gehören diese Denkmäler als Ausläufer jener Kunst-
richtung an, welche als die romauisch-longobardische bezeichnet wird und im Gefolge der
Frankenherrschaft zuerst die dalmatinischen Küstenstädte (Zara, Sebenieo, Trau), sodann die
Centren des kroatischen Reiches (Salona, Knin) ergriff, um sich von hier aus auch über
das bosnische Binnenland zu erstrecken. Zeitlich gehören sie der Periode vom IX. bis zum
XII. Jahrhundert an.
Andere, allerdings nur fragmentarische Funde, die auch andernorts in Bosnien
entdeckt wurden (Grahovo, Grkovci, Visue) und derselben Kunstrichtung angehören,
beweisen, daß dieser Stil im Lande eine gewisse Verbreitung gefunden hat. Wir dürfen
aber uoch auf zwei andere Denkmäler hinweisen, welche diese Annahme stützen, da sie als
von einheimischen Künstlern unternommene Versuche, sich dieser Stilrichtung anzupassen,
betrachtet werden können. Diese beiden Denkmäler sind der Juschriftstein des Banns
Kulin von Vifoko und das Grabmal von Zgosca dolnja.
Das erstere Denkmal ist eine Mergelplatte von mäßigen Dimensionen, welche
schachbrettartig in sechs Felder eingetheilt ist und in jedem Felde innerhalb einer erhabenen
Kreislinie je ein Kreuz enthält. Die Kreuze sind in Form und Größe verschiedenartig.
Obwohl die Ausführung eine primitive ist, kann doch eine Beziehung zu der reicheren
Ornamentik von Zeniea darin erblickt werden, daß man auch dort das Kreuz in verschieden-
artiger Ausgestaltung als Füllornament für größere Flächen antrifft. Über den Kreuzen
befindet sich eine vierzeilige Inschrift in alten bosnischen Charakteren, deren Sinn
folgender ist: „Diese Kirche baute B a n n s Kulin (und das) Bergland von
Kncevo, und es fiel darauf der Blitz (als er war) im Gelände von Sljepieic.
Und er stellte sein Bildniß über der Schwelle anf. Got t gebe Gesundheit
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch