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treu, aber es sichert seine Existenz durch Bündnisse mit den Türken in Voraussicht der
kvminenden Ereignisse.
Nichts beweist schlagender die Zusammengehörigkeit der Küste und des Binnen-
landes als die Geschichte dieser Epoche. Als Ungarn die dalmatinischen Küsten verlor,
führte es zwei Kriege (1404 und 1408) um den Besitz Bosniens. Zwar erfocht König
Sigismund (bei Dobor) glänzende Siege, der ungarische und siebenbürgische Adel von
der Theiß und Siebenbürgen strömte in Massen unter seine Fahne, er setzte bald den
einen König Stefan Tvrtko II., bald den anderen Stefan Ostoja ab; dauernd aber
konnte er seinen Einfluß trotz des vergossenen Blutes nicht behaupten. Während dieser
Wirren spielen die einheimischen Könige nur die Nolle von Schattenherrschern. Man kennt
ihre Urkunden, in denen sie mit großer Energie ihre Rechte auf dem Papier verkünden; aber
thatsächlich liegt die bosnische Macht nicht in den Händen der nominellen Staatsober-
häupter, sondern sie findet sich bei den Verfechtern der Stammesunabhängigkeit, den
Wojwoden Hervoja Hrvatinic und Sandalj Hranie.
Hervoja Hrvat iniö ist in dieser Periode (1390—1415) der bedeutendste Lenker
bosnischer Geschicke; ohne sein Wissen geschieht nichts auf diesem Territorium. Er ist eine
rauhe, zielbewußte, kernige Gestalt, ein echter Falke, wie die Helden in den südslavischen
Liedern genannt werden, welcher seine Person und seinen Besitz kühn vertheidigte. Er besaß
das heutige West-und Südwestbosnien, gründete die später zu großer Berühmtheit gelangte
Festung Jajce und hielt es bald mit dieser, bald mit jener Partei, von der er einen Nntzen
erhoffte. Zuerst wollte er dem neapolitanischen Königssohn Ladislaus zum Throne verhelfen
und erwarb sich von diesem den Besitz Spalatos, wurde Herzog von Spalato und Ober-
fendatar von Bosnien. Später söhnte er sich mit König Sigismund aus, erhielt von ihm die
Bestätigung seines Besitzes, sowie den im Jahre 1408 gestifteten Drachenorden, mit welchem
sonst nur Landesfürsten und die Vornehmsten ausgezeichnet wnrden. Im großen, zn Ehren
des Polenkönigs im Jahre 1412 in Ofen abgehaltenen Tnrnierspicle erschienen — wie
der polnische Chronist Dtugosz berichtet — „Sendal, Herzog von Bosnien, und König
Carwen (Hervoja) und gestalteten in Gegenwart ihrer Gemalinnen dieses Spiel besonders
festlich, da auch ihre Rit ter von hoher und vornehmer S t a tu r tapfer und
muthig im Kampfspiele auf t ra ten".
Doch dauerte dieses freundschaftliche Verhältniß des mächtigen Hervoja, der seine
eigenen Agenten in Ragusa, Venedig und Serbien hatte und Münzen prägen ließ, znm König
Sigismund nur so lauge, bis ihn Sandalj Hrauie, der Fürst der heutigen Hercegovina,
aus der Guust Sigismunds verdrängte und so in die Arme der Türken trieb, was aber
Sandalj später uicht daran hinderte, mit Hervoja gemeinsam vorzugehen. Bis zu seinem
Tode (1416) behauptete Hervoja nun seine unabhängige Stellung; er besiegte seine Feinde
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch