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hatte nicht geringe Mühe ihm zn beweisen, daß Venedig kein Nachbar des genannten
Reiches sei.
Das Studium der türkischen Staatsacten beweist, daß unter dem türkischen
Regime nicht nur sämmtliche Militärs, wie Ofsiciere der Janitscharen, Artilleristen,
Festungstrnppen solche Lehen erhalten konnten, sondern daß auch die christliche Religion
kein Hindernis bildete, um ein Lehen zu erhalten. Sehr viele solche Beispiele haben wir
ans dem Tieflande von Ungarn. Auch in der Hereegovina hatten noch im XVI. Jahr-
hundert bis zu der großen Erhebung vom Jahre 1591 Abkömmlinge alter christlicher
Familien in großer Zahl ihre Besitzungen als Lehen inne.
Dieser Umstand beweist, daß die türkische Regierung trotz der intensiven Jslamisirung
den rnhigen Besitz des eroberten Landes zu sichern trachtete, indem sie die Staatstreue
der Christen durch die Belassnng ihrer Besitzungen unter türkischem Rechtstitel belohnte.
Anwartschaft auf die, nach dem Ertrag unter sich verschiedenen, Hissari-lZsckik
(Garnisons-Lehen), l imar (Klein-Lehen), Namet (Groß-Lehen) benannten Lehen hatten
in erster Linie die Söhne der Lehenbesitzer, welche entweder im Heere um Sold dienten,
oder als Freiwillige in der Hoffnung, ein Lehen zu erhalten, sich anwerben ließen. Der
Sohn des Lehensmannes hatte nnr im Todesfalle seines Vaters einen Anspruch auf
dessen Lehen und zwar hauptsächlich, wenn er unmündig zurückblieb; in allen anderen
Fällen mußte er sein Lehen selbst erringen. Damit die Paschas sich keine Unregel-
mäßigkeiten zu Schulden kommen ließen, mußte der Lehensbrief bei der ersten Belehnung
immer aus Constantinopel kommen. Der Vorgang war der, daß der Beg oder Pascha,
wenn er die Schenkung nicht unmittelbar vollzog, an die Pforte einen Vortrag
richtete, in dem die Verdienste des Betreffenden auseinandergesetzt wurden, ferner eine
Übersicht der freigewordenen Lehen im Pafchalik lieferte und schließlich die Bitte um die
Schenkung vortrug. Wenn der Kaiser die Bitte gewährte, wurde der Fermau, der den
Namen des Lehens und des Beschenkten enthielt, ausgestellt, und ans Grund dessen trat
der Genuß der Rente des Lehens ein.
Eben weil das Besitzrecht auf diesem Ferman fußte und bei dem hänfigen Wechsel
der Paschas immer wieder eine Erneuerung der Fermans nothwendig wurde, bilden diese
Besitzbriefe die Hauptdocumeute des türkischen Besitzthums.
Die Lehenbesitzer mußten nach der Rentenstufe ihrer Lehen, gepanzerte Männer
lDzebeli) dem Heere beistellen und dieselben in Friedenszeiten verköstigen, bekleiden, im
Kriege aber mit Waffen versehen.
Da an den bosnischen Grenzen bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts der Grenzkrieg
nie ruhte, mußten die bosnischen Lehensmänner ihre Leute fortwährend unter Waffen
halten. Die Pforte in Constantinopel überließ daher, um uicht die ohnedem vielfach in
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch