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Anspruch genommenen asiatischen nnd rnmelischen Lehensmänner zu zersplittern, die
Vertheidigung der Grenzen in erster Linie den bosnischen Lehensmännern, wodurch deren
autonomer selbständiger Sinn, gestützt auf ihre zeitweiligen Erfolge, intaet und kräftig
blieb. Wenn der Spahi oder Lehensmann nicht bei der Musterung (^oklaina) erschien
oder nicht in den Krieg zog, wurde er seines Lehens verlustig erklärt (er wurde muxril)
und konnte nur nach einer gewissen Zeit wieder ein neues Lehen erhalten. Gealtert oder
wegen körperlicher Gebrechen nicht mehr waffenfähig, mußte er sein Lehen ebenfalls
verlassen nnd zog sich sozusagen in den Ruhestand unter die inütekaiäe zurück. Die
Stellung eines solchen Lehensmannes war jedoch viel günstiger, als die eines besoldeten
Soldaten; denn in Friedenszeiten war er unumschränkter Herr seiner Besitzung, konnte
thnn, was er wollte, und seine Knieten erhielten ihn; er lebte immer in der Hauptstadt
seines Sandzaks, wo die Muselmanen in Massen ansässig waren. Dies ist auch die
Hauptursache, warum sich das türkische Element, wo es nicht selbst den Boden bewirthschaftete,
meist in die Städte zog; dadurch bekamen auch die bosnischen Städte ihren mnselmanischen
Charakter, und dieselbe Erscheinung sehen wir in den übrigen Balkanländern. Dadurch ist es
auch erklärlich, daß die nicht mohammedanisch gewordene Bevölkerung, trotzdem sie türkischen
Grundbesitzern Unterthan wurde, ihre eigenen Sitten und Gebräuche sich erhielt und von
dem türkischen Einflüsse nur oberflächlich gestreift wurde. In den Dörfern, im Gebirge
finden wir in Bulgarien, Serbien und Bosnien nur selten noch Spuren der einstigen
türkischen Herrschast, während das Städteleben dieser Länder, was besonders in dem
schon lange national verwalteten Serbien auffällig ist, noch immer einen türkischen
Charakter zeigt. In Bosnien kann man das Städteleben seit dem XVI. Jahrhundert
ganz türkisch nennen, indem mit Ausnahme der Handelsclasse Alles, was seine Cultur
umfaßte, türkisch war.
Bosnien wurde bis zum Jahre 1583 als Begluk, dem auch zeitweilig die Hereegovina
angehörte, verwaltet. In diesem Jahre wurde es zum Paschalik erhoben, das die Sand-
zake von Sarajevo, Zwornik, von Pozega (welches das heutige Slavonien umfaßte) und
von Baujaluka in sich begriff und dem der Beg der Hereegovina unterstellt war. An der
Spitze der einzelnen Sandzake standen Begs, mit einem Stellvertreter, dem Alai Beg;
dann kam der Üeri daZi (Hauptmann), dann der 8ürü«Z5i kaZi (Lieutenant) nnd der
LudaSi (Unterlieutenant), welche die großen Lehen unter sich vertheilten und so ihre
Bezahlung in natura erhielten. Die Finanzverwaltung war natürlich bei diesem Lehens-
system am meisten interessirt, da es ja ein Interesse des Staatsschatzes bildete, die Einkünfte
der Tiniarlis (Lehensmänner) und Ziametbesitzer in Evidenz zu halten. Es mußte die
Lehenskanzlei die actuelleu Einkünfte der Besitzer schon deßhalb genau kennen, um denHeeres-
stand zu eontroliren und die freigewordenen Lehen zu registrireu. Die Erträguißausweise
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch