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wurden in dem clektor iäömali zusammengestellt, die freigewordenen Lehen nnd die neuen
Verleihungen in Listen, ru?num5, eingetragen.
Die türkische Verwaltung war vom Standpunkte der damaligen Verhältnisse
betrachtet, sehr wohl organisirt; sie hatte nur den einzigen, aber bedeutenden Fehler, daß
die Ceutralgewalt zu Coustantinopel (wie in allen despotischen Staaten) dem Gouverneur
ganz freie Hand ließ und so allmälig Eorruptiou und ein dem alten byzantinischen
ähnlicher Bureaukratismus einrissen, deren Auswüchse unausrottbar waren.
Betrachtet man die türkischen Institutionen vom staatspolitischen Standpunkte, so
zeigt sich, daß das dominirende islamitische Element in erster Reihe die Blutsteuer zu tragen
hatte und dafür als Entschädigung von der arbeitenden und in den europäischen Provinzen
größtentheils christlichen Bevölkerung erhalten werden mußte. Wir können die Steuern,
die dem kaiserlichen Staatsschatze zuflössen und zur Erhaltung der aus den oben genannten
Lehensmännern bestehenden kämpfenden Bevölkerung dienten, in drei Kategorien theilen:
1. Die direkten Staa tse inkünf te (Kopfsteuer, Zölle). 2. Die große Menge der
außerordentl ichen Steuern. 3. Die grundherrlichen Abgaben. Zu diesen
gehören: Der Zehent an Cerealieu und Thieren, den die Mohammedaner wie die Christen
zahlen. Der Zehent ist ursprünglich ebenfalls eine Staatsstener nnd wnrde nur als Ent-
gelt für die Lehensdienste den Timar- und Ziametbesitzern überlassen. Die einzelnen
Gewohnheiten und Verfügungen beruhten je nach den Gegenden auf Übereinkunft.
Geregelt waren auch die Abgaben derjenigen, die sich nicht dauernd niederließen;
ferner derjenigen, die nur ein Haus bewohnten und desgleichen die Tapu, das heißt im
heutigen Sinne die Umfchreibnngsgebür der Grundbesitzer. Im Allgemeinen trug der
christliche Kmet außer der Kopfsteuer und dem Zehent an Korn nnd Heu nicht viele andere
Lasten, und es hätte sich bei diesen Verhältnissen auch in der Türkei ein allgemeiner
Wohlstand entwickeln können, wenn das Abgabeverhältniß durch den Staat eontrolirt
worden wäre und der Grundholde sein Recht bei den türkischen Gerichten hätte erlangen
können. In dieser Hinsicht hatte die Pforte jedoch wenig oder gar keinen Einfluß. Der
einheimische Adel, der den Grundbesitz innehatte, übernahm auch die Vertheidigung des
Landes, so daß die Türkei nur in Ausnahmsfällen und in großen Kriegen Trnppen von
dem stehenden Heere nach Bosnien zu senden brauchte. Infolge dessen, sowie wegen ihrer
kriegerischen Tüchtigkeit und echt religiösen Gesinnung wurden jene machthabenden
Elemente immer als Schoßkinder betrachtet, dafür hatten sie freie Hand und thaten bis in
die neueste Zeit, was sie wollten.
Dieses einheimische Element machte sich bald nach der Eroberung zu Herren der
Staatsanstellungen, des Richter- und geistlichen Standes. Der erobernde Türke, der
Osmanli war ja iu dem fremdsprachigen Lande übel daran, und der Pforte konnte es nur
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch