Seite - 246 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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Unter diesen Sokolovic'schen Gouverneuren war der berühmteste der Erzieher
Selims II., Lala Sokoli, dem zu Liebe das Begluk Bosnien zum Paschalik erhoben wurde.
Im Laufe dieser Zeit bürgerten sich die türkischen Institutionen vollkommen ein, und im
Gebiete Bosniens nnd der Hercegovina war Alles ziemlich stille. Nur die Bergvölker in
Montenegro und die christlichen Albauesen revoltirten von Zeit zu Zeit; es muß aber
bemerkt werden, daß diese Revolutionen, wie schon zu Mathias Corvinns' Zeiten, den
Charakter einfacher Räubereien hatten, da die in ihre Berge eingeschlossenen armen Hirten,
oft nur um sich Nahrung zu schaffen, de» wohlhabenden Bauer in der Ebene ohne Unter-
schied der Consession seiner Habe zu berauben suchten. Diese Unruhen wurden stets bald
gedämpft, und nirgends sehen wir die Regung einer politischen Contremine, welche sich
gegen die actuelle Regierung gerichtet hätte. Nichts beweist schlagender die Erstarkung der
mohammedanischen Religion, als daß in Tnzla der Scheikh Hamsa (1577) eine eigene
türkische Secte gründete, die nur durch Hinrichtung aller Oberhäupter auszurotten war.
Doch auch der glühende Fanatismus der türkischen Eroberungszeit war nach
Erreichung so großer Ziele verraucht. In Constantinopel kam eine ganze Reihe unfähiger
Sultane auf den Thron, und nur die starke Hand einiger Großvezire konnte das zusammen-
gewürfelte Reich noch eine Weile im Gleichgewichte halten. Das Schicksal aller großen
Reiche ereilte auch das türkische auf dem Gipfelpunkte seiner Macht. Je größer der Staat
wnrde, desto mehr Feinde erwuchsen ihm an seiner Peripherie, und die Expansivkraft mußte
sich iu den Erhaltungskämpfen zersplittern. Im Nordosten des Reiches entstand unauffällig
das moskowitische Reich, beinahe unbekannt im Westen. Vom tapferen Polenkönig Bathory
zwar besiegt, war es dennoch furchtbar; aber feiue Gefährlichkeit sagten nur die prophetisch
begabten venetianischen Gesandten voraus und die Päpste, die mit außergewöhnlicher
Feinfühligkeit vorahnten, daß in diesem Reiche ihren Bestrebungen der größte Gegensatz
erwachsen werde. Die Nordgrenze des türkischen Staates war das zwar tribntäre,
aber durch kluge Fürsten stark gewordene siebenbürgisch-nngarische Fürstenthum. Die aus-
gedehnte ungarische Grenze brachte den Sultan wieder in Conflict mit den Habsbnrgern,
welche zwar, von zwei Seiten in Anspruch genommen, als Kaiser ihre Stellung im Westen
behaupten mußten, aber im Osten als Könige von Ungarn und Inhaber der deutschen
Grenzmarken in erster Reihe den Kampf mit den Türken ausnahmen. An der West-
grenze waren es Venedig, die italienischen Staaten und der Papst, sowie Spanien, die im
türkischen Reiche den Feind des Christenthums und den Bedroher ihrer eigenen Staaten
sahen, wonach schließlich noch der Schah von Persien als Erzfeind des sunnitischen Sultans
zn erwähnen bleibt.
Mit dem ersten eoneentrirten Borstoße auch unr einer der christlichen Mächte mußte
die Abbröckelung jener Provinzen beginnen, welche keine natürlichen Reichsgrenzen bildeten.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch