Seite - 262 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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vielleicht zu radical, indem er meinte, daß Bosnien, Serbien, Albanien, Griechenland,
Morea und theilweise die Walachei, Bulgarien und Rnmelien, somit die gesammte Donau-
linie an Österreich zu fallen habe und Constantinopel zum Freihafen erklärt werden solle.
Er war es, der den Jesuiten Georg Pray, den berühmten Geschichtsschreiber aneiferte, die
Oberhoheitsrechte der altungarischen Macht über alle diese Lande zu beschreiben und staats-
rechtlich festzustellen. Auf Grund dieferStndien erklärte er als Basis der Eroberungstendenz
die staatsrechtliche und historische Mission der Monarchie, welche die Habsburger leiteten.
In Einem irrte sich aber sowohl Kaunitz als Josef II. und trotz ihrer Erfolge auch
Katharina, die Kaiserin von Rußland. Man rechnete nicht mit der zähen Widerstands-
fähigkeit der Türken, die während des Processes ihrer Zurückdräuguug vielleicht noch mehr
Bewunderung verdienen als auf dem Gipfelpunkte ihres stürmischen Vordrängeus.
Alles, was Kaiserin Katharina (1782) an Kaiser Josef II. schrieb, daß die türkischen
Paschas nahezu unabhängige Häupter der einzelnen Provinzen seien, daß die Christen
in der Mehrheit und dem türkischen Joche abgeneigt seien, verhielt sich so. Dennoch
steckte noch so viel Kraft in dem allerdings morschen Staatswesen, daß die Türkei
widerstehen konnte.
Die Kaiserin bot als Entschädigung für die Errichtung eiues Königreiches Dacien
und eines griechischen Kaiserreiches in Constantinopel, Österreich die Donaulinie bis zur
Aluta, Belgrad uud die Nordwestecke der Balkanhalbinsel, doch widerstrebte sie einer
Besitzergreifung Dalmatieus. Trotz des iuuigeu Bündnisses erschien den österreichischen
Feldherren und Staatsmännern eine allzngroße Ausbreitung der russischen Macht nicht
wünschenswerth, und dieser geheime Gegensatz machte sich in allen Verhandlungen geltend.
Als nnn im Jahre 1787 der Krieg erklärt wurde, ergriff Josef II. die Offensive mit der
festen Überzeugung, daß er das adriatische Dreieck erobern werde. Seine Proklamationen
an die christliche Bevölkerung, seine Versprechungen an die einzelnen serbischen und
bosnischen Geistlichen bezeugen seine Absicht und Zuversicht, diese Länder dauernd in den
Bereich seiner Gewalt zu bringen.
Die militärische Diversion in Bosnien hatte zwar im Lanseder drei kriegerischen Jahre
manchen, aber keinen nachhaltigen Erfolg aufzuweisen, da die Action auf dem Hauptkriegs-
schauplatz nicht vom Glücke begünstigt war. Was Bosnien betrifft, sagt der classischeste Zcnge
seiner Zeit, der siegreiche Laudon: „Es ist unglaublich und übersteigt alle Vorstellung, die
man sich machen wollte, wie fest die kleinen bosnischen Plätze gebaut sind, wie hartnäckig
sich die Türken darin wehren und mit welcher Leichtigkeit sie nach Zerstörung einer
Vertheidiguugsliuie sich aufs neue einzugraben wissen; man kann kaum mit irgend einer
Festung mehr zu thun haben und jeder anderen Nation leichter beikommen". Die
Bilder der Burgruinen Sokolac und Ostrozac geben einen Begriff jener heroisch
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch