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verborgensten Winkel Europas drangen und dort in der Auffassung der betreffenden Volker
eine besondere Interpretation fanden, konnte die Idee der nationalen Freiheit bei den Balkan-
völkern nur in dem Sinne einen Wiederhall finden, als sie darunter die Befreiung vom
Türkenjoche verstanden. Dieser Befreiungstrieb hatte sich im Laufe der ganzen türkischen
Oceupation erhalten. Nun aber bekam er eine concrete Form, indem diesen religiösen
Unabhängigkeitsbestrebungen der nationale Trieb als Basis untergelegt wurde. Das Volk
selbst wußte nichts von nationalen Bestrebungen, welche nnr in den Köpfen der führenden und
theils dieser, theils jener Macht dienenden literarisch-kirchlichen Fractionen eine Stätte fanden.
Während sich in den dalmatinischen Küstenstädten zur Zeit der französischen
Oceupation ein italienisches Nationalgefühl geltend machte, vertraten die Franeiseaner
und die dalmatinischen Geistlichen des Binnenlandes die illyrisch-katholische Richtung,
die sie im Geiste mit der Oberherrschaft des Hauses Habsburg verbanden. Im ersten
Keime war daher diese Bewegung nichts anderes, als die umgemodelte besondere
Form der Freiheitsidee, welche vom Westen kam. Diese illyrisch-literarische Bewegung
berührte Bosnien und die Hercegovina nur oberflächlich und wnrde erst bedeutend,
als sie in den Dreißiger-Jahren in Civil-Kroatien anfkam und dann durch verschiedene
Wandlungen zu dem Programme der sogenannten großkroatischen Idee führte. Diese
illyrische Bewegung hatte es auch auf die Gewinnung des orthodoxen Elements
abgesehen und begriff unter den „Jllyriern" auch die Serben. Bei diesen aber ging die
ganze nationale Bestrebung dahin, sich selbst als Serben zu erhalten. Als solche fühlten
sie sich „orthodox" und standen diesen speciell kroatisch-katholischen Bestrebungen, selbst
als ihre Interessen ein gewisses Zusammengehen forderten, theils insgeheim, theils
offen feindselig gegenüber.
Als nach dem Wiener Congreß das europäische Gleichgewicht auf konservativer
Grundlage wieder hergestellt war und Fürst Metternich als Lenker der europäischen
Politik das Heft in Händen hatte, entwickelte jich bei den Westmächten die Idee der
Erhaltung des osmanischen Reiches wenigstens in dem Sinne, daß man grundsätzlich jeder
Losreißung einzelner Theile von demselben widerstrebte. Doch die Ereignisse konnte man
durch diesen Vorsatz nicht aufhalten. Im Jahre 1821 bricht die griechische Revolution aus,
die türkischen Sympathien schlagen ins Gegentheil um und nach dem großen russische»
Kriege vom Jahre 1828/29 ist die Türkei vollständig gedemüthigt.
In dieser Epoche spielen Bosnien nnd die Hercegovina eine hervorragende Rolle.
Gerade in der westlichen Provinz, die mit Mitteleuropa in unmittelbarster Berührung
steht, organisirt sich die alttürkische Reaction, unterstützt durch die dortigen Verhältnisse,
uud stellt sich zur angebahnten Reformära des Stambuler Hofes in eiueu Gegensatz, der
nur durch Waffen entschieden werden kann.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch