Seite - 271 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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stantinopel. Im Friedhofe von Ejub bezeichnet ein einfacher Stein die Stelle, wo der Held
Hussein ruht, welcher in den bosnisch-mohammedanischen Heldenliedern der Neuzeit die
bedeutendste Stelle einnimmt.
Himmelweit entfernt von den Zielen der christlichen serbischen Bewegung ist der
Ausgangspunkt dieser bosnischen Reaction im Grunde derselbe, nämlich die Erkümpsung
persönlicher Macht und nationaler Unabhängigkeit. Und doch entstand aus der Niederwerfung
dieser Revolution kein Nutzen für die Centralgewalt, welche, um die Treue der Hercegovzeu
zu belohnen, 1833 in die Losreißung der Hercegovina einwilligen und zu deren Statthalter,
wenn auch nicht mit der Machtvollkommenheit wie Mehemed Ali in Egypten, den Stolacer
Ali Nizvanbegovic, welcher nunmehr den Beinamen „der Sieger", Galib, erhielt,
ernennen mnßte.
Der taktvolle Sieger Ibrahim Pascha hatte als neuer Bali Einsicht genug, Guade
für Recht ergeheu zu lassen; er sagte, daß er kein Metzger sei und beließ die Verhältnisse
so, wie sie vor dem Aufstande gewesen, nur daß er Anstalten traf, den Sitz der Landes-
regierung nach Sarajevo zu verlegen, was ihm aber nicht gelang. Die Schwäche der
Türkei in dieser Angelegenheit bewirkte, daß sich die österreichische Diplomatie im eigenen
Interesse, weil trotz der Verträge die Grenzcapitäue fortdauernd slavonisches und kroatisches
Gebiet plünderten, mit der bosnischen Lage eingehend beschäftigen mußte. Die Zeitgenossen
erkannten zwar, daß im türkischen Reiche eine gewaltige vis ineitias stecke, die, solange die
mohammedanische Regierung die herrschende sei, den Lebensfaden des Reiches verlängern
werde; aber eben darum erhoben sich Stimmen, welche dem Reichskanzler die durch-
greifende Förderung des Katholicismus anempfahlen und dieselbe als sicheren Leitstern
unserer Politik hinstellten. Unser Botschafter in Constantinopel, Baron Ottenfels, fand je-
doch, daß „die Dogmen der mohammedanischen Religion nicht so ganz im Widerspruche
mit der Civilisation stünden und, richtig aufgefaßt, den modernen Fortschritt gar nicht
ausschlössen".' Er erkannte ganz richtig, daß die despotische Macht und der Islam
zweierlei Dinge seien; der Despotismus köuue fallen, aber der Islam bleiben und die
ottomanische Staatsmacht überleben, ob diese nnn aus inneren Gründen oder von außen
gestürzt werde.
Im Jahre 1839 wurde der Hattischerif von Gülhanö verkündet, der die Regeneration
des ottomanischen Reiches bewirken sollte, nnd zwar durch folgende Bestimmungen:
1. Garantie der Person und des Eigenthums jedes Unterthanen, 2. zweckmäßige Ver-
keilung der Steuern, 3. Regelung der Recrntirnng und 4. Umgestaltung der ganzen
administrativen und richterlichen Organisation.
Nach dieser Veröffentlichung erfolgte keine Empörung, aber der Effect dieser maAna
ckartn, die Alles auf einmal erreichen wollte nnd, indem sämmtliche Unterthanen als
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch