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gleichberechtigt erklärt wurden, dennoch zu der Anerkennung von Sonderrechten der
katholischen und griechisch-orthodoxen Religion sich verpflichtete, blieb ein verschwindend
geringer. Die Reformen, die der aufgeweckte nene Sultan Abdul Medschid auszuführen
gelobte, waren derart, daß ein Erfolg nur zu erhoffen war, wenn anch neue Menschen ans
Rnder gelangten; so aber blieb Alles beim Alten.
In Bosnien und der Hereegovina halte der kaiserliche Hat, der allerdings
öffentlich vorgelesen wurde, gar keinen praktischen Erfolg. In beiden Ländern regierten
die Begs und im Laufe von acht Jahren verbrauchten vier Balis ihre Kraft, ohne
etwas an der Sachlage zu ändern. Von Gleichberechtigung war keine Rede, und obzwar
der Sultan mit eiserner Conseqnenz überall bestrebt war, den wn?imal, das heißt
die geregelte Civilverwaltung einzuführen, herrschte das alte Fendalwesen in Bosnien
nngeschwücht fort.
Erst als im Jahre 1848 Mehmet» Tahir Pascha, ein ehrlicher Türke von altem
Schlage, ans Ruder kam, der in der genauen Ausführung der großherrlichen Befehle
seinen einzigen Ehrgeiz fand, begann die energische Aetion der Centralgewalt, die zu dem
blutigen Aufstande von 1850 führte. Er war der erste, der energisch aufzutreten wagte;
doch verhinderte sein im Winter 1849 erfolgter Tod die gänzliche Niederwerfung des
Aufstandes.
Als Omer Pascha, der größte türkische Renegat der Neuzeit, von der Pforte mit der
energischenReformirnng derZnstände in Bosnien betraut, zumCommandirenden in Bosnien
ernannt wurde, fühlten die Begs, daß es jetzt ernst gemeint sei. Der alte, schon neunzig-
jährige Ali Pascha Stoleevie kam von Mostar zur Begrüßung herbei und gelobte Gehorsam.
Natürlich war dies nicht ernst gemeint, denn schon einige Wochen nach der Ankunft
Omers brach der Aufstand der Tnzlaer und Zworniker Paschas aus, die Bihacer
Krajina erhob sich, und in der Hereegovina griff Ibrahim, der intime Freund Alis,
zu den Waffen. Doch während im Jahre 1831 beinahe alle bosnischen Begs eines
Sinnes waren, fehlte es jetzt an einem Haupte, dem die unzufriedenen Elemente
einmüthig gefolgt wären. Es kam zu einer Reihe von loealen Aufständen ohne
Znsammenhang im Innern, zu einer mohammedanischen Bewegung, die von keiner Seite
unterstützt wurde. Die Führer der Revolution, die Mahmut Pascha, Mnstaj Pascha
Babiö, Mehmed Pascha Becirevtt und Ali Kedie handelten jeder auf eigene Faust,
und trotz ihrer Entschlossenheit errang das energische militärische Austreten Omer
Paschas in kurzer Zeit den Sieg über alle Aufständischen. Bosna Seraj (Sarajevo)
wurde nun wieder die Residenz des türkischen Generalgonvernenrs.
Es war ein hartes Stück Arbeit, das der Pforte zufiel, die autoritäre Gewalt,
welche gänzlich entschwunden war, in Bosnien wieder herzustellen. Die Bewältigung der
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch