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und neben slavischen Elementen finden sich aus jüngerer Zeit viele orientalische, namentlich
die auf den Fetischismus zurückzuführenden Steinamulette, welchen je nach der Stein-
gattung besondere Kräfte zugeschrieben werden.
Auch hier haben sich die Vorstellungen von bösen Gottheiten viel deutlicher erhalten
als jene von guten, deren Urbilder im Scheine des Christenthums verblaßten. Namentlich
ist die Erinnerung an die Erdenmächte deutlich ausgeprägt. An sie erinnern die B a n-
opfer, dieSchlangenbrände und auch der Glaube an die glückbringende weiße Haus-
schlange, welcher im ganzen Lande angetroffen wird.
Daran erinnern auch die Bräuche am St . Je remias-Tage , welchen man bis
auf die Gegenwart huldigt, um die bösen Erdgeister zu versöhnen. Vor Sonnenaufgang
geht man da mit einer Blechpfanne um Haus und Feld, und indem man sie mit einem
Klöppel bearbeitet, ruft man mit schallender Stimme: u poljs, a vi Au '^e u
more!« (Jeremias komm ins Feld und ihr Schlangen in die See!) Die Jugend streift in
der ganzen Umgebung mit aus Weidenrinde angefertigten großen Schallhörnern umher und
verrichtet einen Heidenlärm, um damit gleichfalls die Erdgeister zu verscheuchen, während
die Hausfrau sorgfältig jeden Winkel ausfegt und dabei eine Beschwörung spricht, die
alles kriechende Ungeziefer bannen soll.
Auf die menschliche Existenz wirken besonders schädigend der Urok, der Namet
und die Ograma.
Unter „Urok" versteht man den allgemein verbreiteten Wahnglauben an die Wirkung
des „Bösen Blickes" oder des „Verschreiens". Dieser Aberglaube ist so verbreitet, daß
Worte Kilo ti uroka s moM oka* (mein Blick möge dich nicht schädigen) zu den
gebräuchlichsten Redensarten gehört. Wie weit auch im Alterthum dieser Wahnglaube
verbreitet war, beweist der Umstand, daß Plinius von den alten Jllyriern berichtet, es
gäbe unter ihnen Leute mit doppelter Pupille, deren sascinirender Blick selbst den Tod
verursachen könne.
Gegen den Urok werden viele Schutzmittel angewendet. Thieren werden Löffel um
den Hals gebunden, die Mähne kurz geschoren, uud um die Kinderwiege wird mit dem
Besen ein Kreis gezogen. Man erkennt bei Kindern die Wirkung des Urok an der nach
Salz schmeckenden Stirne, und um zu helfen, borgt man von derjenigen Person, die man
im Verdachte hat, daß sie das Kind verschrien hat, oder die man durch Bleigießen oder
durch die Kohlenprobe im Wasser ermittelt hat, etwas Salz und gibt es dem Kinde in
Wasser zu trinken.
Auch kommen folgende Sprüche in Anwendung: Die Mutter räuchert das Kind
mit Spreu (jedoch nicht von Mais) und spricht: se sviM khedom krsni, tako
majka 8vHe clijete oä 2la brani". (Wie Brod die Welt nährt, so die Mutter ihr Kind
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch