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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Seite - 326 -
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326 Noch heute ist in Bosnien der Glaube verbreitet, daß man in früheren Zeiten als Bauopfer bei größeren Bauten Menschen lebend einzumauern Pflegte, und von mancher Burg berichtet das Volkslied, daß der Neimar (Baumeister), um den Erdgeist zu versöhnen, der seinem Baue abhold war, die eigene Frau opferte. In jüngster Zeit wurden einige Bauopfer aus alten Bauten zum Vorschein gebracht, die erwähnenswerth sind; so bestand in der 1894 demolirtcn Burg Sokolovici (Bezirk Rogatica) das Bauopfer aus einem sammt dem Käfig eingemauerten Hahn, der am Halse einen Goldring trug. In den Grund- mauern der berühmten Drina-Brücke von Visegrad wurde eine große Urne mit den Resten des aus Fleisch und Früchten bestehenden Bauopfers entdeckt. Ein ähnliches Gefäß fand sich auch in den Fundamenten einer Moschee in Cajnica. Der Glaube an die Wirksamkeit menschlicher Bauopfer lebt übrigens noch heute. Man baut wohl nicht mehr den Menschen, sondern dessen Schatten ein, was auf folgende Art geschieht. Der Baumeister beeilt sich, wenn zufällig der Schatten eines menschlichen Wesens auf die im Entstehen begriffenen Grundmauern fällt, darüber rasch Mörtel und Steine zu legen. Glückt ihm dies, so wird das Haus glücklich, der Eigenthümer des ver- mauerten Schattens aber wird siech und muß binnen Jahr nnd Tag sterben und verderben. Auch das Höhenmaß eines Menschen, welches mit einem Faden abgenommen und dann vermauert wird, soll dieselbe Wirkung haben. Sollte der Schatten des Bauherrn verbaut werden, so bringt dies ihm uud dem ganzen Hause Unglück, und dies ist der Grund, weshalb sich der Bauherr scheut, während des Legens der Fundamente ans dem Bau- platze zu erscheinen. Auch das Gleichenfest wird durch ein Opfer begangen. Das Blut des Opferthieres wird über die rechte obere Mauerkante gegossen und damit die Mauer beträufelt. Diese Blutflecken müssen unberührt bleiben, bis Sturm und Regen sie auslöschen. Ein weiteres Bauopfer von mehr praktischem Interesse ist das Firstopser. Sowie der Firstbalken richtig angebracht ist, behängt ihn der Bauherr mit bunten Tüchern und Stoffen, mitunter auch mit Weinflaschen. Die Zimmerleute beeilen sich nun, das Dach möglichst rasch zu decken, damit ja kein Regen komme und die schönen Sachen verderbe, denn wie der letzte Nagel im Dache eingenagelt wird, dürfen sie sich die Spende aneigne». Der Wichtigkeit des Unternehmens entsprechend, wirkt beim Baue des Hauses noch mancherlei Aberglaube mit. So darf man mit dem Ausheben der Fundamente nur an einem Montag oder Donnerstag beginnen. Sollte auf einen dieser Tage das Fest der Enthauptung Johannis fallen, so ist der betreffende Tag für das ganze Jahr zu diesem Vorhaben ungeeignet. Auch in der Zwischenzeit zwischen beiden Frauentagen soll es nicht rathsam sein, Fundamente auszuheben. Die Zimmerleute bekommen von den Frauen heimlich Geschenke, damit sie ja genau achtgeben, daß ihnen der Bohrer nicht entfalle uud irgendwo mit der Spitze stecken
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Bosnien und Herzegowina, Band 22
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Bosnien und Herzegowina
Band
22
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1901
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.34 x 22.94 cm
Seiten
536
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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