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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Seite - 336 -
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330 verfehlt hat, wurzelt so tief, daß in früheren Zeiten dieser Umstand den Mann berechtigte, anch wenn er Christ war, sich eine zweite Frau zu nehmen, wodurch eine eigenthümliche Art von Bigamie entstand. In solchen Fällen mußte aber der Mann jeden ehelichen Verkehr mit der ersten Frau abbrechen und sie fortan als seine Wahlschwester (posostrima) behandeln, während die zweite, selbstverständlich kirchlich nicht getraute Frau, in die Rechte der ersten trat. Solche Fälle von Bigamie, die allerdings selten waren, aber immerhin vorkamen, wurden vom Volk eher bedauert als verurtheilt. Um der Kinderlosigkeit zu entgehen, wird manches Mittel und mancher Zauber angewendet; ja es werden sogar in dieser Hinsicht Proben veranstaltet. Man gibt nämlich der Frau Wasser, worin das Lab (siriZte) vom Hasen lag, zu trinken. Fühlt die Frau darnach Schmerzen, so ist sie conceptionsfähig, fühlt sie keine Schmerzen, so wird sie kinderlos bleiben. Zur Förderung der Conceptionsfähigkeit werden Pflanzenabsude vom Dillenkraut, Johanniskraut und Königssalbei verabreicht. Es kommen aber auch Zaubermittel zur Anwendung; so wird unfruchtbaren Weibern empfohlen, aus dem Munde einer Schwangeren über einen Zaun hinweg Brod zu genießen, oder bei Sonnenuntergang am Sonntage nach Nenmond auf einen Baum zu klettern, dort drei in der Frucht der Heckenrose gefundene Würmer zu verschlingen und dreimal die Worte zu sprechen: „Die Sonne geht hinter den Berg, und ich komme in die Hoffnung." (Sunce bräo n u dreme.) Will eine Frau Knaben gebären, so ergreift sie auf fremdem Acker den Pflug, leitet ihn bergauf und spricht: „Ein Ochse nach dem andern, ein Sohn nach dem andern." (Vo 2a, vc>Ic»m, sin sinvm.) Fühlt sich eine Frau schwanger, so ist es ihr nächstes Interesse, zu erfahren, ob die Leibesfrucht ein Knabe oder ein Mädchen wird, und auch hier hat der Aberglaube manches Mittel an die Hand gegeben, um sich Gewißheit zu verschaffen. Man versteckt in verschiedene Ecken des Zimmers eine Gewehrkugel und eine Scheere und beobachtet, in welche Ecke sich die junge Frau setzt. Die Kugel sagt den Knaben, die Scheere das Mädchen voraus. Während der Schwangerschaft muß sich die Frau wohl in Acht nehmen; denn nach dem Volksaberglauben lauern Tausende von Gefahren ihrer Leibesfrucht auf. Ebenso zahl- reich sind die Verhaltungsmaßregeln, die sie während dieser Zeit beobachten muß, und es würde einen Band füllen, wollte man sie alle niederschreiben. Eine Frau in gesegneten Umständen genießt im Volke besondere Achtung. Jeder erfüllbare Wunsch wird ihr gewährt, da ein Versagen der Leibesfrucht Schaden bringen würde, und es ist ihr öfters gestattet, von der Arbeit, zu der eine Landfrau verurtheilt ist, auszuruhen. Durch die Entbindung wird die Frau überhaupt erst zum Weibe und erfüllt ihren eigentlichen Lebenszweck.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Bosnien und Herzegowina, Band 22
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Bosnien und Herzegowina
Band
22
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1901
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.34 x 22.94 cm
Seiten
536
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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