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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Seite - 340 -
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340 Unter der Obhut der Mutter und der jüngeren Geschwister wächst das Kind heran und wird schon in der zartesten Jugend gegen Witterung und Entbehrung abgehärtet. Die ersten Jahre des Kindesalters sind auf dem Lande wahre Probejahre; wer sie übersteht, ist fürs ganze Leben gestählt. Schon nach Ablauf weniger Wochen erhält das Kind neben Muttermilch die gewöhnliche schwere Kost des Erwachsenen. Stunden ver- bringt es, um mit dem zahnloseu Mund ein Stückchen harten Brodes zu zerkauen, und bei grimmiger Kälte im Regen und Sturm sieht man oft die Kinder halbnackt vor der Hausthüre kriechen. Die Mutterbrust erhält es ein ganzes Jahr; oft aber stillen die Mütter theils aus übertriebener Zärtlichkeit, theils um nicht wieder zu rasch in die Hoffnung zu kommen, jahrelang ihre Kinder, ja es werden Fälle berichtet, daß Burschen von der Mutterbrust zur Hochzeit gingen. Kaum daß die Kinder kräftig auf den Füßen stehen gelernt haben und sich ihr Denkvermögen entwickelt hat, werden sie zur Arbeitsleistung herangezogen. Mit 5 bis 6 Jahren werden sie bereits Hirten und ihrer Obhut werden vorerst Kälber und Kitze anvertraut, später das Kleinvieh und dann das Großvieh. Früh Morgens, nachdem die Planinka die Herde gemolken, zieht die kleine Hirten- schaar aus und verbringt den Tag auf weiter Flur. Die Zeit wird dabei nützlich vertrieben, die Mädchen spinnen und stricken, die Knaben schnitzen zierliche Gegenstände. Eine ein- fache Flöte (svirala) oder eine Doppelflöte (lZvojnica) führt der Hirt stets mit sich und treibt, trillernde Weisen spielend, seine Herde vor sich her. Um die Mittagszeit, wenn die Herde kühle schattige Plätze zum Wiederkäuen auf- sucht, lagern die Hirten um ein Feuer und nehmen die mitgebrachte Mahlzeit ein, welche aus einem Stück Maisbrod oder Jara (Kornbrod aus undurchsiebtem Mehl), einem Stückchen Käse und einem Trunk Quellwasser besteht. Unter Sang und Spiel vergeht der übrige Theil der Ruhepause, und wenn die Sonne zum Westen neigt, kehrt die Herde mit den kleinen Hütern heim. Nachdem die Herde abermals gemolken wurde, wird sie in die Hürden getrieben, um dort unter der Obhut eines erwachsenen Hirten zu übernachten. Dieser schläft in einer engen, zeltförmigen, aus Brettern gebildeten und auf einem Schlitten ruhenden, trans- portablen Hütte, von wo aus er jeden verdächtigen Laut hören und beim Herannahen von Raubwild Lärm schlagen kann. Nicht selten haben hier halbwüchsige Knaben Wölfen oder Bären das geraubte Lamm oder Rind abgerungen. Zur Obliegenheit des Hirten gehört es auch, alle acht Tage die Hürden abzubrechen und ein Stück weiter aufzuschlagen, damit möglichst viel Acker gedüngt werde. Puber tä t . — Der Eintritt in das reifere Knabenalter ist ein Moment, den alle Naturvölker mit einer gewissen Weihe erwarten und entsprechend feiern. In Bosnien und der Hercegovina wird diese neue Phase im menschlichen Dasein nach altem Brauche gefeiert.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Bosnien und Herzegowina, Band 22
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Bosnien und Herzegowina
Band
22
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1901
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.34 x 22.94 cm
Seiten
536
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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