Seite - 352 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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Besonders am Vorabend des Neumondes wird derart gezaubert. Wenn das
Mädchen den wachsenden Mond erblickt, nimmt es etwas Erde, worauf es mit dem linken
Fuß gestanden, nnd einen Hufnagel in die Hand und spricht:
Das Mädchen verharrt horchend, bis sie von den Vorübergehenden einen Namen
nennen hört. War der Name männlich, so gilt es als günstiges Omen.
Auch die Spinne, die man am Vorabend des Nenmonds fängt und in einer Hülse
aufbewahrt, wird beschworen, den Liebsten zu umgarnen und im Traum der Liebenden
zuzuführen.
Die Hochzeit. — Die weibliche Jugend in Bosnien und der Hereegovina hat
nur selten Gelegenheit, mit jungen Leuten Bekanntschaft zu machen. Da sie immer an das
Haus gefesselt ist, beschränkt sich ihr näherer Bekanntenkreis auf das Hausgesinde des
eigenen und einiger benachbarter Bauernhöfe, mit welchen die Mädchen bei der Arbeit
oder an langen Winterabenden beim Sijelo zusammenkommen. Was dem Fräulein ein
Ballabend ist, das bedeutet der bosnischen Landschönen das Sijelo. Abwechselnd halten
die bekannten Familien diese ländlichen Soireen ab, wobei es aber vor allem Anstands-
pslicht der Geladenen ist, dem Hausherrn ein gewisses Arbeitsquantum zu leisten. Diese
Arbeit wird stets mit Freuden, unter Spiel, Sang und Neckerei gethan nud dauert oft bis
zum Morgengrauen. Kein Fräulein erwartet mit solcher Sehnsucht den glänzenden Ball,
wie die bosnischen Mädchen das Sijelo, zu welchem sie geladen werden, um Maiskolben
abznkörnen, Hanf zu spinnen, Wolle zu krempeln oder dergleichen.
Bei dieser Gelegenheit lernt sich manches Paar kennen, das später zum Altar geht.
Außer dieser Gelegenheit bietet sich eine solche in noch größerem Maßstabe bei den
Kirchweihen ^boiovi), wo die im vollsten Staate erscheinenden Mädchen die Auswahl
unter der Jugend der ganzen Umgebung haben. Solche Kirchenfeste werden deshalb gerne
besucht, und in Sarajevo erhielt die Feier des griechischen Ostermontags, in Cajnica die
des Klein-Frauentages noch eine besondere Bedeutung als eine festliche Brautschan.
Aus den entferntesten Gegenden strömen hier die heiratsfähigen Mädchen zusammen
und stellen sich an den beiden Straßenseiten neben der alten Kirche in möglichst günstiger
Position auf, während die Burschen auf und ab drängen, um genau Revue zu halten und
mit der Schönen, die ihnen am meisten zusagt, bekannt zu werden. Es gibt wohl keinen
malerischeren Anblick, als jene dicht gedrängten Gruppen malerisch costümirter Mädchen, die,
um ja nicht unbeachtet zu bleiben, allen nur erschwingbareu Schmuck an sich thun. Findet
„O du junger Mond,
Ich beschwöre dich bei deiner Jugend,
Du gehst über Berg und Thal
Und siehst am Wege meinen Liebsten,
Befiehl ihm, daß er seinen Namen uenne!" ti mlacli nijsseie,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch