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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Seite - 378 -
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Seite - 378 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22

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378 unvermindertem Eifer sie im Volke immer gepflegt werden. Doch hat der Verfasser durch längere Zeit während seiner melographischen Reisen Gelegenheit gehabt, diese Erscheinungen zu beobachten, und sollte es einmal dazu kommen — was höchst nothwendig wäre — daß man diese merkwürdigen Überbleibsel aus dem musikalischen Alterthume phonographisch festhält, dann werden meine Worte Bestätigung finden. Bei den chromatischen Gesängen konnte ich schon deshalb über die richtige Auffassung durch das Gehör nicht in Zweifel sein, da sie regelmäßig von Vielen nnd die Intervalle vom Chore mit überraschender Einstimmigkeit und reiner Intonation gesungen werden. Ein solcher Gesang, der für eine Hochebene mit weitentfernten Felsenmauern bestimmt ist, klingt aus den vereinigten Kehlen wie der Schall, der auf einem riesigen, geheimnißvollen metallenen Instrumente erzeugt wird, und klingt selbst erfahrenen Menschen aus der Ferne geheimnißvoll. Wer ihn zum erstenmale vernimmt, erräth überhaupt nicht, daß es mensch- licher Gesang ist. Wichtig für die Alterthümlichkeit dieser Gesänge ist eine ihrer Eigenschaften. Sie allein bilden eine Ausnahme in den einstimmigen Gesängen der Bosnier und Herzegoviner, und da ist das einzige Intervall, über welches sie überhaupt disponiren, die Secunde. (Sehr selten auch die kleine Terz.) Dies wird der Leser wieder als eine Folge der Ober- flächlichkeit entweder der Sänger oder des beobachtenden Zuhörers betrachten. Auch ich war beim ersten aufmerksamen Zuhören (im Innern Dalmatiens), wiewohl das Jutonireu der Secunden sehr bestimmt, genau und rein erfolgte, im Zweifel, welchen Standpunkt ich einnehmen, ob ich dies als einen Fehler oder als eine Eigenthümlichkeit ausfassen sollte. Aber als ich eine ganz bestimmte Absicht darin zu erkennen anfing, als ich es (bei der Landbevölkerung) in allen genannten vier Ländern hörte, als ich erkannte, daß die Sänger bei gemeinsamen Gesängen jene Secunde gleichzeitig intonirten, als ich herausfand, daß der größte Theil dieser Gesänge mit einer Secunde schloß, nnd daß auch der Guslespieler sie mit Vorliebe anwendet und sie regelmäßig als Abschluß gebraucht, da konnte ich nicht mehr zweifeln, daß ich vor einer mächtigen, festen Tradition stand, an welche die Wellen der neuesten Musik vergeblich anschlagen, vor einer Tradition, welche meiner Ansicht nach ihren Ursprung in der Zeit des musikalischen Alterthums hat, da die Musik von Ton zu Ton, von Intervall zu Intervall wuchs und sich erweiterte. Bekannt ist die Thatsache, daß man dem Pythagoras in seinem Geburtsorte Samos im Tempel der Hera eine Gedenktafel zur Erinnerung an seine Entdeckung der Oetave setzte; und es erregt in uns den Gedanken an eine geradezu phantastisch lange Jahresreihe, wenn wir ins Auge fassen, daß die Secunde eine der glänzendsten Errungenschaften für diese Gesänge ist. Ich betrachte die behandelten Melodien als musikalische Formen, welchen das System der Tonleiter noch unbekannt ist.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Bosnien und Herzegowina, Band 22
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Bosnien und Herzegowina
Band
22
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1901
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.34 x 22.94 cm
Seiten
536
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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