Seite - 410 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Bild der Seite - 410 -
Text der Seite - 410 -
410
Alaupovic, 1871 in Dolac bei Travnik geboren, vollendete seine philologischen
Studien an der Wiener Universität, wo er ein Lieblingsschüler des berühmten Slavisten
Jagic war; gegenwärtig wirkt er als Lehrer am Obergymnasium in Sarajevo. In seiner
Studentenzeit entstanden seine ersten Liebeslieder, die an Zartheit der Empfindung uud
Plastik der Darstellung unter die besten erotischen Dichtungen eingereiht zu werden
verdienen. Seine besten Werke sind unbestritten die romantischen Dichtungen „Nefugjeuica"
und »Nase ranv« (Unsere Wunden), welche sich durch meisterhafte Analysen von
psychologischen Vorgängen auszeichnen und in den Wunsch ausklingen, daß sich die durch
den Glauben entzweiten Brüder endlich in brüderlicher Eintracht zusammenfinden mögen.
Die bosnischen Mohammedaner sind als Kenner orientalischer Sprachen und
Literaturen mit Erfolg bemüht, der südslavischen Poesie neue Gebiete zu erobern, indem
sie, mit der lebhaftesten Phantasie begabt, auch der Sprache ein lebhafteres Colorit zu
verleihen verstehen. In dieser Richtung sind besonders die beiden flammenden Lyriker
Sasvet Beg Basagic-Redzepasic und Riza Beg Kapetanovic erfolgreich thätig.
Sasvet Beg, geboren 1870 in Nevesinje, entstammt einer alten hochangesehenen heree-
govinischen Adelsfamilie und steht eben im Begriffe, das Studium der orientalischen
Sprachen in Wien zu absolviren. Bereits im Jahre 1893 bereitete er uns mit einigen form-
vollendeten Übertragungen persischer Lieder eine freudige Überraschung. Seither hat er
einen ziemlich starken Band eigener Dichtungen („Trofanda", Agram 1896) veröffentlicht,
welche, mit der glühendsten Farbenpracht ausgestattet, einen hohen Grad vorurtheilssreier
Lebensweisheit verrathen.
Sein Rivale Riza Beg Kapetanovic wurde 1868 auf dem Stammsitze der Familie
in Vitina bei Ljubuski geboren. Seine einschmeichelnde Lyrik, meist erotischen Inhalts,
durchweht ein leiser Hauch der Schwermuth, doch ist dieser ernste Zug mehr auf Rechnung
seiner psychologischen Disposition als äußerer Umstände zu setzen, denn er ist in der
glücklichen Lage, in sorgenlosem Wohlstand zu schwärmen und zu träumen.
Auch die Orthodoxen Bosniens nehmen am Aufschwünge der jüngsten Literatur
regen Aulheil. Wir nennen uur Aleksa Sautiö, welcher in seinen Liedern Tiefe der
Empfindung mit einem blühenden Stil verbindet. Classisch ist seine Übertragung von
Heine's „Lyrischem Intermezzo". Als Erzähler brilliren der Orthodoxe Svetozar Eoroviö
und die Mohammedaner Edhem Mulabdic und Osmau Nuri Hadzic. Während aber
die beiden ersteren das Volksleben lediglich vom künstlerischen Standpunkte darstellen,
schildert Hadziö mit großer Energie die socialen Gebrechen seiner Glaubensgenossen, sie
immer wieder ansfordernd, ihr Schulwesen auf eine praktische Grundlage zu stellen und sich
für den immer schwieriger werdenden Kampf ums Dasein besser auszurüsten. Die Alten
schütteln über seinen Freimuth unwillig die Köpfe, die intelligentere Jugend hingegen
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch