Seite - 39 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (7), Band 23
Bild der Seite - 39 -
Text der Seite - 39 -
39
sieht, wo, wie bei den Sachsen im XV. Jahrhundert, eine bedeutendere wirthschaftliche
Blüthe herrscht, also auch günstigere materielle Bedingungen für die Baukunst gegeben sind.
Indeß bei aller Uuterbrochenheit herrscht nur der Einfluß der westlichen Kunst. Dieser
gegenüber macht sich die christliche, wie die nichtchristliche Kunst des Orients nnr isolirt
und in geringem Maße geltend.
Zum Steiubau mochten, wie jenseits der Donau, von Anfang an die römischen
Banreste aueifern, insofern sie technisch gleich auch als Muster dienten, besonders aber weil
sie schon mit geübter Hand behanene Steine als fertiges Baumaterial darboten. In
Siebenbürgen war ein derartiger Einfluß der römischen Denkmäler auf die Baukunst der
christlichen Zeit in viel weiterem Kreise verbreitet, gewiß aber von nachhaltigerer Wirkung
als jenseits der Donau. Hier beweisen viele noch bestehende Kirchen, daß selbst im
XIV., XV., ja XVII. Jahrhundert Reste römischer Bauten wahllos zur Verwendung kamen.
Den Holzbau begünstigte, wie im Oberlande, der vorhandene Urwald, das Holz
war sogar ein starker Concurrent des Steines, so daß die Bedarfskirchen zumeist aus Holz
gebaut wurden. Die Herrschaft dieses Baumaterials wurde auch durch die Einwanderung
der deutschen Gäste im Laufe des XII. Jahrhunderts gefördert. Wann der Steinbau
allgemeiner wurde, ist nicht genauer festzustellen. Aus gewissen charakteristischen Eigen-
thümlichkeiten der Steinbauten müssen wir folgern, daß auch bei den mit größerer
Sorgfalt erbauten und für längere Dauer bestimmten Kirchen geraume Zeit hindurch mit
Vorliebe Holzmaterial verwendet wurde. Die durch lange Übung immer mehr entwickelte
Geschicklichkeit der Zimmerleute, die Lust am Schnitzeln selbst, wodurch gewisse Formen
sich festsetzten, in allgemeinen Gebrauch kamen und sich tief im Volke einwurzelten, das
Alles gab dem Holz ein Übergewicht, das für die Gestaltung der Baukunst Siebenbürgens
entscheidend wurde. Die gewohnten specifischen Einzelformen der Holzbauten vererbten
sich auf die Steiubauteu späterer Zeiten, besonders auf die gothischen, und hielten ihre
Herrschaft über diese mit zäher Ausdauer fest. Die Thürme behalten selbst in der gothischen
Periode die viereckige Form bis zum Gesimse und bekommen keine steinernen Helme,
sondern sind sämmtlich mit einer offenen hölzernen Gallerie und darüber mit einem im
Verhältnis zum massiven Thurm schlanken vier- oder achteckigen Zeltdach gekrönt. An
Holzbauten erinnern auch die gewalmten Dächer der Kirchen. Überhaupt konnte sich
Siebenbürgen, von einigen Ausnahmen abgesehen, niemals in den Geist des künstlerischen
Steinbaues hineinfinden.
Nach alledem finden sich unter den Baudenkmälern Siebenbürgens nur ganz
vereinzelte, die einige Wichtigkeit für die Geschichte dieser Kunst beanspruchen dürfen;
und auch diese reichen im Durchschnitt weder in künstlerischer, noch in bautechnischer
Hinsicht an das Maß der im Mutterlande vorhandenen heran. Andererseits aber sind sie
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch