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doch nicht uninteressant, denn sie werfen ein lehrreiches Licht auf die Gesetze, nach denen
sich Leben und Entwicklung dieser Kunst regelt.
Die fünfhundert Jahre nach dem Niedergang des Römerthnms haben in
Siebenbürgen kein Denkzeichen hinterlassen. Es gibt keine Aufzeichnung, ja nicht einmal
eine Überlieferung, aus der man schließen könnte, daß im Laufe dieser Zeit hier irgend
ein Bauwerk entstanden sei.
Am Beginne des ungarischen Königthums fallen zwei Erscheinungen auf, deren
übereinstimmende und gegensätzliche Züge ein gleiches Interesse erregen. König Stephan
der Heilige, der Organisator des ungarischen Christenthums, besetzt in Trausdanubieu das
römische Herculia, baut dort eine Burg und legt den Grund zum heutigen Stuhlweißen-
burg (Szekes-Fehervär). Gleichzeitig sehen wir denWojwoden Gyula, den zähen Widersacher
christlichen Glaubens, in Siebenbürgen an der Stätte des römischen Apulum. Dies ist das
jetzige Karlsburg (Gyula-Fehervär). Beide Burgen, des Königs wie des Wojwoden, waren
gewiß römische Überreste, die von den im Burgenbau nicht sehr bewanderten Ansiedlern
auf ihre Art bewohnbar gemacht und befestigt wurden. Die Burg des siebenbürgischen
Wojwoden fiel schon im Jahre 1003. Der christliche König besiegte den am
Väterglauben Hängenden, warf ihn in den Kerker und erbaute aus seinen Schätzen die
Königskirche seiner eigenen Beste, während er die des besiegten Gegners zum Sitz des
bei dieser Gelegenheit gegründeten Bisthums von Siebenbürgen machte.
Mit dem Eingehen der aus römischen Resten bestehenden fürstlichen Burg und mit
der Stiftung des Bisthums lebt in Siebenbürgen die mit den Römern verschwundene
Bauthätigkeit wieder auf. Dies ist die Periode des romanischen Stiles, die mit der
Zeit der Ärpädischen Könige zusammenfällt.
Eine festere Bauweise wurde zu dieser Zeit nicht sonderlich geübt. Die Zahl der
erhaltenen Denkmäler ist gering. Zusammengenommen stimmen sie in einer und der anderen
Hinsicht augenfällig mit den transdanubifcheu. Diese Erscheinung wird durch das
Vorausgeschickte treffend beleuchtet, und zwar in erster Linie dadurch, daß beide Gegenden
einst römische Provinzen waren. Jenseits der Donau waren Stuhlweißenburg und die
Sitze der vier durch Stephan den Heiligen gegründeten Diöcesen: Gran, Weßprim, Raab
und Fünfkirchen einst römische Ansiedlungen. Desgleichen der Sitz des siebenbürgischen
Bisthums. In die Grundfesten der Königskirche zu Stuhlweißenburg waren römische
Jnschriftsteine eingemauert; in den Mauern des Karlsburger Domes befinden sich noch
jetzt wohlerhaltene römische Steine, darunter in der nördlichen Wand ein Relief, das, so
weit die Höhe zu erkennen gestattet, den die Tritonen verfolgenden Hercules vorstellt.
Diese Kirche ist aus den trefflichen Kalkstein-Werkstücken der Gegend unter der
Leitung eines technisch geschulten Meisters erbaut, daher sie auch nach gar manchem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch