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in den Formen der Sänlencapitäle und namentlich deren Ornament eine so augenfällige
Unbeholfenheit veräth?
Michelsberg gehörte vor 1223 als königliche Donation einem Geistlichen, namens
Gocelinns, der diesen Besitz im erwähnten Jahre der Cistercienserabtei Kercz schenkte. Da
mögen denn entweder Gocelinus oder die hiesigen Mönche die Kirche gebaut und nach einer
der aus Frankreich mitgebrachten Zeichnungen dieses prächtige Portal ausgeführt haben.
Die Primitivität des Ornaments mag daher rühren, daß in dieser Gegend damals keine
geschickten Steinmetze zu finden waren.
Die neuerdings wiederhergestellte evangelische Kirche zu Münzdorf ist ein Backstein-
bau; ihre innere Lichte beträgt in der Breite etwa 11 Meter, in der Länge das Doppelte;
sie besteht aus 5 Jochen; das um etliche Stufen erhöhte Chor hat einen etwas mehr als
halbkreisförmigen Abschluß; die Seitenschiffe enden mit einer in der geraden Abschlußwand
ausgesparten Nische. Die Westsa^ade erinnert, von der übermäßigen Höhe der Giebelwand
abgesehen, mit ihrem doppelten und dreifachen Fenster, Rundfenster und der Rundbogen-
verzierung im Allgemeinen an die einstige Abteikirche der Benediktiner zu Lebeny, jenseits
der Donau, ohne freilich an Trefflichkeit sich mit ihr messen zu können. Die Mauern sind
im Verhältniß zur horizontalen Decke zu dick; die schmucklosen Fenster der Schiffe sind
unregelmäßig vertheilt; die Schiffe sind durch drei Pfeilerpaare und ein Paar Säulen
geschieden, die übermäßig schlank und mangelhaft geformt erscheinen. Aus der erwähnten
Ähnlichkeit und dem deutschen Namen des Ortes (eigentlich Mönchsdorf) geht wohl hervor,
daß es sich hier ursprünglich um eine Ordens- und zwar Benediktinerkirche handelt. Die
verlassene reformirte Kirche der Gemeinde Äkos ist der eben beschriebenen völlig gleich,
nur daß ihre Schiffe etwas länger und nicht so uuverhältuißmäßig hoch sind.
Die reformirte Kirche zu Somlyo-Üjlak ist einschiffig; an ihrer Westseite steht ein
aus quadratischer Basis ins Achteck übergehender Thurm, der ein Portal mit schön
gegliederter Laibung und gekuppelte, durch hübsche romanische Säulchen getheilte Fenster
hat. Die an der Nordseite befindliche Halle und die drei Abschlüsse sind späteren Ursprungs.
Die interessanteste, in dieser Gegend vereinzelte Eigenthümlichkeit der Kirche ist, daß
beiderseits in der vollen Höhe des Schiffes ein stockhoher, gleichsam aus dem Körper der
dicken Mauer ausgehöhlter Gaug entlangläuft, dessen rnndbogige Öffnungen durch Pfeiler
getrennt sind; die Laibung der Offnungen ist im Erdgeschoß gegliedert, im Obergeschoß
triforienförmig; sowohl die unteren als die oberen Gänge sind mit der Tonne gewölbt.
In Siebenbürgen hatte sich in den zwei ersten Jahrhunderten des ungarischen
Königthums ein politischer Organismus, und in Verbindung damit Besitzverhältnisse
herausgebildet, die solchen mönchischen Stiftungen, wie sie etwa jenseits der Donau vor-
kamen, nicht günstig waren. Ackerbauende und grundbesitzende mönchische Niederlassungen,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch