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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (7), Band 23
Seite - 72 -
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72 Vorhof umgebende einfache oder doppelte Mauer, deren Thürme nebst Graben und Zugbrücke. Auf die Kirche selbst erstreckt sich die Befestigung nicht, höchstens daß bei einer oder der anderen der Thurm ursprünglich mit einem Wehrgang versehen war. Es scheint, daß bei jener ersten Art die Kirche und ihr äußeres Schutzwerk gleichzeitig erbaut wurden, bei der zweiten Art aber die steinerne Kirche früher entstand und mit Graben und Verhau umgeben war, an deren Stelle später ein solides Schutzwerk trat. Dies gewinnt auch dadurch an Wahrscheinlichkeit, daß gerade unter den Kirchen des romanischen und Übcrgangsstiles sich solche befinden, deren noch jetzt bestehende Befestigungswerke späteren Ursprungs nnd zugleich vollständiger sind, als hätten sie für die Schutzlofigkeit der Kirche selbst Ersatz zu bieten. Solche Befestigung der Kirche war bei den Sachsen im XIV. und XV. Jahrhundert so allgemein, daß wir, um alle derartigen Banten zu erwähnen, fast alle von Sachsen bewohnten Ortschaften anführen müßten. Die zu Hunderten vorkommenden Kirchen- castelle stehen entweder in der Mitte des Ortes oder außerhalb, bald auf ebenem Boden, bald auf einem Hügel; bei den meisten begnügte man sich mit der einfachsten Befestigung, einem mit Schießscharten und Wehrgang versehenen Mauergürtel und einem Thorthurm. Wo die Mauer durch zwei oder drei Thürme verstärkt ist, handelt es sich schon um ein ansehnlicheres Castell. Die Thürme gleichen ohne Ausnahme denen der Befestigungs- kirchen und bekunden deutlich, daß die dortigen Bauherren und Baumeister keinerlei künstlerischen Jnstinct besaßen, der sie bei aller Wahrung des praktischen Zweckes zu einiger Mannigfaltigkeit in der Lösung der nämlichen Aufgabe angeregt hätte. Die träge an ein und demselben Muster klebende Bauweise drückte trotz der vielen Übung diesen Werken überall den Stempel der Einförmigkeit auf. Die vollständigste und größte, ja in der That eine ansehnliche Burg auf ebenem Plan ist das Kirchencastell der Gemeinde Tart lan (Präzsmär) im Kronstädter Comitat. Hier ist die (bereits erwähnte) Kirche sicher älter als die Befestigung. Diese besteht aus einer äußeren, niedrigeren und einer inneren, etwa 12 Meter hohen Umfassungs- mauer; der 3 Meter breite Raum zwischen ihnen läuft als äußerer Hof um den inneren Hof; vor dem gewölbten, durch eine Zugbrücke vertheidigten Eingang, der durch einen langen Gang führt, befinden sich noch zwei umfangreiche Vorhöfe. Von den vier Bastei- thürmen sind zwei noch aufrecht. Der weite Jnnenhof ist mit Kammern umgeben, die aus Holz in drei Reihen übereinander an die ganze Mauer gebaut sind, was mit den vorgelegten offenen Wandelgängen und den emporführenden Leitern und Stiegen ein malerisches Bild gibt. Die Bevölkerung des Ortes bewahrt in diesen Kammern uoch jetzt ihre Lebensrnittel: Getreide, Mehl und Speck, und zwar in ausgiebiger Menge, sowie ihre sonstige Fahrhabe auf. Auch in Honigberg (Szaß-Hermany) ist das Kirchencastell ein
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (7), Band 23
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (7)
Band
23
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1902
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.13 x 23.25 cm
Seiten
622
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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