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der auch während der Türkenherrschaft und zur Zeit der siebeubürgischen Fürsten
andauerte. Der zahlreicheren Bevölkerung und den angehäuften wirthschaftlichen Werthen
entsprechend, übertrifft auch die defensive Bauthätigkeit die Schutzwerke der Ortschaften.
Die größeren Städte: Kronstadt, Hermannstadt, Klausenburg, Schäßburg, sogar Mediasch,
hatten Stadtmauern mit gewaltigen Thürmen; die Vertheidigung jedes Thurmes lag
einer anderen Zunft ob. In Mühlbach bestand die Befestigung ans den um die Kirche
gruppirten Häusern. Von den Festungswerken Kronstadts und Hermaunstadts geben die
ansehnlichen Überbleibsel ein ziemlich vollständiges Bild. In Schäßburg sind einige
Thürme der Befestigungswerke noch fast unbeschädigt, während die Mauern verfallen.
In Klausenburg haben sich in Folge der Stadtregnlirnng nur geringe Reste erhalten.
Wie überall im Mittelalter, kommt der in der wohlhabenden städtischen Bürgerschaft
erwachte Stolz dem religiösen Gefühl entgegen und beide suchen ihren Ausdruck in der
Errichtung von größer angelegten Kirchen. So haben die sächsischen Städte im XIV. und
XV. Jahrhundert, die hier die gothische Kunst vertreten, in der Ausübung der Baukunst
nnd zugleich aller anderen Künste die führende Rolle, ohne aber in ihren Bauten einen
selbständigen Charakter zu erreichen oder wenigstens in der Nachahmung westlicher Muster
künstlerischen Sinn zu bethätigen. In all der regen Thätigkeit taucht keine künstlerisch
schaffende Persönlichkeit auf, und ebenso wenig entsteht eine in künstlerischem Sinne
genommene Schule. Daher werden wir uns auch hier auf die bescheidenere Ausgabe der
Beschreibung einzelner Bauwerke zu beschränken haben. Da über die Baugeschichte der meisten
keine genanen Daten vorliegen, müssen wir auch auf das zeitliche Nacheinander verzichten
nnd bemerken nur im Allgemeinen, daß in der Erbauung von städtischen Pfarrkirchen
die größte Thätigkeit ziemlich mit der Regierungszeit König Sigismnnds (1387 — 1437)
zusammenfällt und daß die Banthätigkeit der Hnnyadi-Zeit bis ans Ende des Jahrhunderts
gleichsam als Fortsetzung davon erscheint. Die gothische Bauthätigkeit erstreckt sich, wie
unsere bisherigen Daten zeigen, überhaupt tief in das XVI. Jahrhundert hinein.
In der Reihe unserer derartigen Baudenkmäler gebührt der erste Platz der
evangelischen (A. B.) Pfarrkirche zu Kronstadt, dem größten und zugleich am östlichsten
gelegenen gothischen Ban auf dem Gebiete des ungarischen Reiches. Ihre gewaltige,
düstere Masse beherrscht die zu Füßen der wandsteilen „Zinne" (Czenk) gelagerte Stadt
und weckt schon von weitem unser Interesse. Nach der Überlieferung wäre der Bau 1385
begonnen. Sicher ist, daß er 1423 noch nicht vollendet war. Die Jahreszahl 1477 auf
dem Thorflügel der südlichen Eingangshalle ist authentisch; das aus dieser Halle in die
Kirche führende Thor zeigt in seinem Bogenfeld ein Freskogemälde: Maria mit dem
Jesukind, die beiden unteren Ecken des Feldes aber weisen die Wappen Matthias' und
Beatrix' (1476—1490) auf. Wahrscheinlich ist auch dieses Gemälde vom Jahre 1477 nnd
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch