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die Kirche wird zu Ende des XV. Jahrhunderts im Ganzen und Großen fertig gewesen sein.
Bei der Wiederherstellung nach der Feuersbrunst von 1689 wurden Mittelschiff und Chor
mit dem jetzigen stumpfwinkligen Tonnengewölbe gedeckt; aus derselben Zeit stammen die
unförmlichen Pfeilercapitäle; die Emporen beiderseits zwischen den Pfeilern des Schiffes
wurden imXVIII. Jahrhnudert gebaut. Im Übrigen wurde kein Umbau, ja nicht einmal eine
umfassendere Wiederherstellung vorgenommen, so daß die Kirche noch jetzt in ihrer
ursprünglichen Gestalt dasteht. Sie ist ein spätgothischer Bau. Die Übergangsformen an
der Westseite scheinen aus früherer Zeit zu stammen und deuten darauf hin, daß der Bau
nach einem älteren Plane begonnen, aber nach einem neueren fortgesetzt und beendigt wurde.
Das Material ist behaneuer Sandstein von geringer Qualität, der im Laufe der Zeit
abbröckelte und schwarz wurde. Daher die Benennung „schwarze Kirche". Sie ist eine drei-
schiffige Halle von 88 9 Meter äußerer Länge, 37 7 Meter Breite und 42 Meter Höhe.
Ihre Westseite hat zwei massige quadratische Thürme, von denen der nördliche nur bis
zur Höhe der Schiffmauer aufgebaut ist. Die Thürme springen einerseits über die
Seitenwände des Schiffes vor, anderseits aber stark in das Lichte des Mittelschiffes
hinein. Daher ist die zwischen ihnen befindliche Eingangshalle bedeutend schmäler als
das Mittelschiff. Aus der Halle tritt man unter das Orgelchor, von da in das Mittel-
schiff. Dieses ist von den Seitenschiffen durch ein Paar unregelmäßig sechseckiger, dann
durch vier Paare achteckiger ungegliederter Pfeiler getrennt. Der Triumphbogen öffnet
sich breiter als das Mittelschiff und das Chor ist wieder breiter als der Triumphbogen, so
daß seine Seitenwände mit der Mittelachse der Seitenschiffe zusammenfallen. Übrigens ist
das Chor im Verhältniß zum Schiff (41 5 Meter) auch ungewöhnlich lang (31 5 Meter);
es ist durch drei Paare achteckiger, aber übermäßig schlanker Pfeiler gleichfalls in drei
Schiffe getheilt und schließt in seiner vollen Breite mit sieben Ecken des Sechzehnecks.
Der Nordseite des Chores ist die Sakristei angebaut.
Es ist eine der charakteristischen Eigenschaften der mittelalterlichen Kirchenbaukunst
der Sachsen, daß sie, aus Eile oder aus Geldmangel, in erster Reihe den Aufbau der
Kirche anstrebten und in Verbindung damit mehr Sorgfalt an ihr Äußeres wandten,
dagegen die innere Ausschmückung und Einrichtung auf bessere Zeiten versparten, bis sie
schließlich durch die Reformation überflüssig wurde. Auch die Kronstädter Kirche ist keine
Ausnahme von dieser Regel- An Reichthum des Äußeren kann sich mit ihr auf ungarischem
Reichsgebiete nur die Kathedrale zu Kaschau messen. Dagegen ist ihr Inneres schmucklos,
was durch das Mißverhältniß noch auffälliger wird, in dem der breitere Triumphbogen
zum Schiffe und die Länge des Chores zur Länge des Schiffes steht. Dazu kommt noch,
als schwerster Fehler, daß die Pfeiler des Chores, obgleich sie perspektivisch zu wirken
scheinen, dennoch die Wirkung des Juneuraumes schädigen. Dies liegt nicht sowohl an
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch