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Als Prinz Bela, Sohn Andreas' II., 1226 die Regierung Siebenbürgens übernahm,
wünschte er das Werk der Deutschen Ritter fortzusetzen und den christlichen Glauben unter
den benachbarten Kumauen weiter zu verbreiten. Zu diesem Zwecke berief er Mitglieder
der beiden damals entstandenen Bettelorden, Dominicaner und Franciscaner. So wurden
diese Orden hier früh heimisch, allein von ihrer Bauthätigkeit zeugen im Verhältniß zur
Zahl der Städte nur wenige Denkmäler, und auch diese sind von geringem architektonischen
Werth. Der Hauptgrund davon ist ohne Zweifel, daß in Siebenbürgen die meisten Städte
klein, also für die Niederlassung eines Bettelordens nicht geeignet waren; vollends war
ein größerer Bau eines solchen so viel wie ausgeschlossen. Was aber die Orden schufen,
fiel größteutheils der Reformation zum Opfer. In Kronstadt ist die Dominicanerkirche
zugrunde gegangen; das Kloster dient jetzt als Gymnasium; das ehemalige Clarissinnen-
kloster aber ist völlig umgestaltet und gehört den Franciscanern. In Her mannstadt
bauten die Dominicaner 1472 eine Kirche, die später umgestaltet wurde und jetzt den
Ursulinerinnen gehört. In dem viel kleineren Schäßburg hatten zu Anfang des
XV. Jahrhunderts die Dominicaner ein Mönchs- und ein Nonnenkloster, die Franciscaner
ein Nonnenkloster. Die Kirche des ersteren, am AbHange des Schloßberges, ist 1492 erbaut,
besteht in ihrer einfachen Form als dreischiffige Halle noch jetzt und dient seit der
Reformation als evangelische Kirche A. B.
Die größten Kirchen der Bettelorden aus dieser Zeit sind die zu Klausenburg
und Maros-Väsärhely. Beide gehören jetzt der resormirten Gemeinde. Den Bau der
Klausenburger Kirche begann der hier geborene König Matthias Hnnyadi für die
Franciscaner im Jahre 1486. Sie ist eine ansehnliche einschiffige Kirche, 57 Meter lang,
15 Meter breit, 19 Meter hoch; das etwas schmälere, verlängerte Chor schließt dreiseitig;
das durch Strebepfeiler gegliederte Äußere hat sich ziemlich im ursprünglichen Zustande
erhalten, wogegen das Innere durch Neubau des Gewölbes im Jahre 1644 bedeutend
verändert ist. Die sogenannte Festungskirche zu Maros-Väsärhely steht auf einem Hügel
bei der Stadt, im Hofe des im Mittelalter entstandenen, aber 1602 neu aufgebauten
Befestigungswerkes; auch sie war einst eine Franciscanerkirche. In der Anordnung ist sie
der vorhin geschilderten ähnlich, nur daß sie sich durch den an der nördlichen Chorseite
stehenden Thurm von „siebenbürgischer Form" schon von weitem als Kirche eines
Bettelordens kundgibt. Die Westfa^ade endet, von siebenbürgischem Gebrauch abweichend,
in einem Giebel. Übrigens hat ihr einfaches Äußeres trotz wiederholter Restauriruug noch
ziemlich viel vom ursprünglichen Charakter bewahrt, während das Schiff mit seiner
Spiegeldecke vom Anfang des vorigen Jahrhunderts verändert ist.
In Klausenburg besaßen auch die Dominicaner eine Kirche nebst Kloster, und zwar
an der Stelle, wo jetzt das Franciscanerkloster steht. Der alte Kirchen- und Klosterbau
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch