Seite - 124 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (7), Band 23
Bild der Seite - 124 -
Text der Seite - 124 -
124
wurde aber die magyarische Bevölkerung noch durch die Streifpartien des Paschas von
Großmardein fortwährend geplündert, gebrandschatzt und in Ketten weggeschleppt. Bald
kamen dann auch die Kuruezeu und Lebanezenheere und verwüsteten das Land. Die
Adeligen verließen ihre Besitzungen und das Landvolk wanderte scharenweise aus. In
diesen traurigen Zeiten standen in dem einstigen Mittel-Szolnoker Theile des jetzigen
Szilagyer Comitats vierzig magyarische Dörfer unbewohnt. Hierauf folgte dann jene
Eolonisation, die den Grund zur Überhandnähme der Rumänen in dieser Gegend legte
und auch die Bevölkerung der magyarischen Gemeinden, die einst in der Gegend des
Szamos, Szilagy, Kraßna und Berettyö blühten, zum großen Theile aussog. Der fort-
währenden Berührung dieses Volkes mit den Magyaren ist es zuzuschreiben, daß seine
Sprache sehr viele magyarische Lehnworte enthält und daß es, wo es in der Minderheit
ist, meistens auch Sitten und Tracht der Ungarn annimmt. Der Kraßna und dem Berettyö
entlang kann man, wo sie (wie in Kraßna nnd Nagyfalu) neben einer magyarischen
Mehrheit leben, ihre Nationalität weder durch die Sprache, noch durch die Tracht
erkennen; im Ermellek aber sind sie schon fast durchaus magyarisirt.
Auch die magyarische Bevölkerung lebt in Gruppen zerstreut, die in der Mundart,
wie in Tracht und Sitte mehr oder weniger von einander abweichen. Die Tracht gleicht
zumeist der der Alföld-Magyaren, hat aber auch ihre localeu Eigenheiten. Die Männer
tragen eine kurze, weite, vorn und hinten faltige Gatya, ein vorne gefälteltes, mit Perl-
mutterknöpfen benähtes Hemd mit flatternden oder Manschettenärmeln, ein rundes
Hütchen mit Federn oder Sträußchen, graue Zwilchleinwand, eine graue, weiße oder
schwarze Gnba (Lodenmantel), in neuerer Zeit eine blantnchene Ärmeljacke, ein schwarzes
Halstuch mit farbigem Rand, ein bunt ausgenähtes Sacktuch und Stiefel mit hohen
Hacken. Auffallend weicht hievon der weiße Zwilch der Berettyögegend und der schwarze
der Einwohner von Perecsen, beide mit Kragen, ab. Im Ermellek herrscht schon ganz die
Alsöldtracht. Die Frauen gehen in der Kraßna-, Szilagy- und Szamosgegend, sowie im
Ermellek in kurzen Knieröcklein, koketten, hochhackigen Stiefeln, mit knallbuntem Kopftuch
und farbigem Rock und Ärmeljanker einher; im Berettyöthale, zu Nagyfalu, lieben sie
dunkle Farben und selbst die Braut prangt in Schwarz, mit weißer Gnba nnd großem
weißen Kopftuch, das während der Ceremonie durch einen Kranz ersetzt wird. Im Tövishät,
wo die alten adeligen Dörfer (Vervölgy, Kis- und Nagy-Doba) am Szilägyflusse liegen,
zeigt die Tracht wieder andere interessante Varianten. Da wohnen die „Blaumützen" (Xisk
sipkäsok) und Lederwämser. In Zilah und Kraßna tragen die Frauen im Winter ärmellose,
braunlederne, mit farbiger Seide ansgenähte Bnndas, übrigens jetzt nur mehr vereinzelt.
Szekler wohnen schon sehr lange im Eomitate. Sie sind nach Einigen als Grenz-
wächter znm Schntz der hier durchziehenden Salzstraßen angesiedelt worden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch