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schneiden und nähen sich ihr ganzes Weißzeug mit eigener Hand. Sie weben prächtig
gemusterte Hemden, Säcke, Quersäcke, Polsterüberzüge, Tücher, womit sie ihre Stuben
ausschmücken, indem sie über jedem Heiligenbild ein mit blauem, rothem und schwarzem
Faden in reichlicher Ornamentik dnrchsticktes Leinentuch aufhängen. Auch die Magyaren
in Szeer, Bogdänd und noch anderen Dörfern fertigen in hausgewerblicher Weise
Fuhrwerk, Hausgeräth, ja selbst Fässer, und ihre Frauen sind gleichfalls Spinnerinnen
und Weberinnen. Im Allgemeinen freilich bleibt die magyarische Bevölkerung doch lieber
bei ihrem Ackerbau. Den drei Hauptgebirgsketten entlang betreibt das Gebirgsvolk in
gewerbemäßiger Weise auch Kalk- und Kohlenbrennerei, Schindelschneiderei und stellen-
weise Steinbruchsarbeit.
In kultureller Hinsicht macht die Bevölkerung erfreuliche Fortschritte. Außer den
Volksschulen gibt es in Zilah eine Bürgerschule für Knaben und Mädchen, in Szilagy-
Somlyö eine höhere Töchterschule, Lehrlingsschulen aber in jeder größeren Ortschaft. In
Szilägy-Somlyo befindet sich auch ein römisch-katholisches, bischöfliches Untergymnasium,
das von Minoriten besorgt wird, und in Zilah haben die Reformirten seit alter Zeit ein
Obergymnasium. Diese Mittelschule besteht, seitdem die Reformation in Zilah Wurzel
gefaßt hat. Die Daten über ihre ältere Geschichte sind in den Zeitstürmen verschollen, nach
den vorhandenen Aufzeichnungen beginnt ihre Lehr- und Erziehungsthätigkeit im
Jahre 1646 und ist seither nur in Kriegsläuften unterbrochen gewesen. Die Schule
gehörte längere Zeit der reformirten Kirche zu Zilah, die ihre Rectoren und später ihre
Lehrer besoldete. Im Jahre 1816 kam sie unter die Autorität der reformirten Diöcese
Siebenbürgens. In den Dreißiger-Jahren kam es zwischen der kirchlichen Ortsbehörde und
dem Schulvorstande zu einem Conflict. Da fand die Schule Schutz und Unterstützung bei
dem großen Nikolaus Wesselenyi. Er und seine Familie besoldeten die Lehrer. Unter dem
Absolutismus wurde sie nur durch die Opferwilligkeit der Stadt und Umgegend vor dem
Untergange bewahrt; seit 1888 wird ihr Staatshilfe zntheil; bei der Jahrtausendfeier legte
das Szilägyer Comitat durch eine Stiftung von 40.000 Gulden den Grund zu einem mit
ihr verbundenen Convict.
Zur Förderung der landwirthfchaftlichen Entwicklung besteht im Comitat ein
landwirtschaftlicher Verein; in Zilah hat sich lediglich zum Zweck der Culturförderung
der Wesseleuyi-Verein gebildet.
Gehen wir nun daran, das Comitat im Einzelnen zu betrachten. Wenn der
Reisende von Nagy-Käroly her auf der Szilagysäger Eisenbahn den wasserarmen Erfluß,
die nordwestliche Grenze des Szilägyer Eomitats gegen Szatmar hin, überschreitet, so
befindet er sich im Szilagysäger Ermelltt, einer der vorzüglichsten Weingegenden Ungarns,
und gelangt mit einer Schwenkung alsbald nach Tasnäd.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch