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das Vieh trieben, namentlich aus der Türkei, um es dann nach Österreich zu schaffen.
Übrigens erschienen sie mit dem Hornvieh auch in Augsburg, Nürnberg, ja eine Zeitlang
über Bnceari selbst in den venezianischen Provinzen. Nach dem Zeugniß gleichzeitiger
Aufzeichnungen transportirten sie im Laufe des XVIII. Jahrhunderts alljährlich im
Durchschnitt 40.000 Stück Rindvieh nach Märkten des Auslandes und dieser einzige
Zweig ihres Handels brachte etwa viereinhalb Millionen Gulden — für jene Zeit eine
riesige Summe — in das Land. Dieser Geschäftszweig erhob einzelne armenische Händler-
familien — die Karacsouyi, Gorove, Daniel n. A. — unter die reichsten des Landes.
Sie pachteten in den südlichen Gegenden einen Theil der von der Türkenherrschaft befreiten,
nun brachliegenden Gebiete zu Zwecken der Viehzucht, bis sie sie dann ihren Besitzern zu
überaus billigen Preisen vollends abkauften. In Verbindung mit dem starken Ausfuhr-
handel vermittelten die eingewanderten Armenier auch die Einfuhr, besonders von
Breslan, Warschau, Leipzig und noch anderen ausländischen Plätzeu. Die siebenbürgifchen
Magnaten, den Gouverneur und Bischof an der Spitze, ließen einzelne Artikel durch die
Armenier im Auslande kaufen und bedienten sich ihrer Vermittlung auch bei der Abwick-
lung von Geldgeschäften.
Die Wiener Regierung gewährte den ins Ausland reisenden armenischen Kaufleuten
ihren besonderen Schutz. So erwirkte im Jahre 1768 der damalige kaiserliche Gesandte
in Constantinopel bei dem Sultan einen Ferman, demgemäß der siebenbürgisch-armenische
Kaufmann Johann Värtan, nachdem er für seine in Constantinopel eingekauften Waren
den regelmäßigen Zoll bereits erlegt, zu Wasser und zu Lande unbehelligt heimreisen
könne und jede, unter welchem Titel immer an ihn zu stellende Zollforderung als der
Verordnung des Sultans zuwiderlaufend zu erachten sei. Größere Schwierigkeiten fand
ihre Handelsthätigkeit im Innern des Landes durch einzelne obrigkeitliche Verfügungen
und die naturgemäße Concnrrenz seitens der Zünfte anderer Nationalitäten. Wiederholt
mußten sie sich um Abhilfe an das Gnberninm, ja selbst an den Landtag wende». Auch
lieh das Gubernium, wie der Landtag, in jedem einzelnen Falle den berechtigten Klagen
der Armenier günstiges Gehör. Ihre klageweisen Repräsentationen an Gubernium und
Landtag wurden jedesmal durch „die im Vaterlande bestehende armenische Commuuität"
unterbreitet. Unter diesem Titel besaßen die eingewanderten Armenier lange Zeit eine
gemeinsame Organisation von umfassender Autonomie. Die Repräsentanz der „armenischen
Compagnie" trat alle drei Jahre in einer der vier armenischen Niederlassungen (Szamos-
Üjvär, Elisabethstadt, Gyergyö-Szent-Miklös und Csik-Szepviz) zusammen, um die
gemeinsamen kirchlichen und weltlichen Angelegenheiten der Armenier zu ordnen. Sie
vertheilte die jährliche Steuer, sorgte für die Dotation des Bischofs, für die Kosten der
Deputationen, und arbeitete je nach Bedarf Regulative aus, die für sämmtliche Armenier
Ungarn VI. IL
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch