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In ihren Sitten sind Sachsen nnd Rumänen ihren Ueberlieferungen zumeist treu
geblieben. Bei den Sachsen ist dies besonders augenfällig. Das Sachsenvolk der Bistritzer
Gegend zeichnet sich durch Fleiß, Ordnungsliebe und Sparsamkeit aus. Es bebaut seinen
Acker selbst. Obst- und Rebenzucht gehört zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Zur Zeit der
Äpfelreife finden sich hier selbst aus Deutschland Obsthändler ein und es hat Jahre gegeben,
wo eine Gemeinde 8000 bis 10.000 Gulden für Obst einnahm. Ihre Häuser bauen sie aus
Stein, decken sie mit Dachziegeln und achten besonders auf Geräumigkeit und Helligkeit
der Stuben.
Die rumänischen Bewohner der gewesenen Militärgrenze und der sogenannten
Hörigeiigemeinden unterscheiden sich von einander in vielen Stücken. Die ersteren sind
wohlhabender nnd gebildeter. Ihr Wuchs ist hoch, ihr Auftreten sicher, in ihren Gesichts-
zügen drückt sich Intelligenz ans. Gegen Fremde sind sie freundlich, zuvorkommend und
anständig. Von den militärischen Zeiten her besteht namentlich bei alten Leuten noch die
Sitte, einen der Herrenclasse angehörigen Durchreisenden dnrch Erheben vom Sitze zu
grüßen. Sie bekennen sich meist zum griechisch-katholischen, die übrigen znm griechisch-
orientalischen Glauben. Religiosität ist ein Hauptzug ihres Charakters, auch äußert sie
sich mitunter in einem an Aberglauben grenzenden Zelotismus. Ihr Gemüth neigt zur
Melancholie und aus ihren Liedern spricht immer tiefe Empfindung, die oft den Ausdruck
von Klage und Leid annimmt. In Ackerbau und Obstzucht haben sie es nicht so weit
gebracht, wie die Sachsen. Im Allgemeinen sind sie bei der Arbeit nicht so ausdauernd,
überhaupt können und wollen sie nicht so strenge Disciplin halten. Auch neigen sie in
Freud und Leid zum Übermaß. Im Grunde sind sie ein gutmüthiges Völkchen und auch
dankbar für empfangene Wohlthat, ebenso wenig aber vergessen sie erlittene Kränkung und
ruhen nicht, bis sie es irgendwie vergolten haben. Die rumäuischeu Einwohner der
gewesenen Hörigengemeinden sind viel ärmer, auch an Selbstgefühl nnd Intelligenz.
Die uralte, malerische Volkstracht ist auch hier schon in Umwandlung begriffen.
Zwar ist die Gegend jetzt noch ziemlich reich an Material zum Eostümwesen, doch wird
die Handarbeit auch hier immer mehr durch fabriksmäßig erzeugte, gefällige und relativ
billigere Nachahmungen verdrängt. Die älteren sächsischen Bauern tragen noch die alt-
modischen, hackenlosen Stiefel, den Grobtuchmantel mit Kapuze und den breitkrämpigen
Hut. Noch immer besteht die schöne Tracht der sächsischen Mädchen aus dem weißen, schwarz
ausgenähten Kleid, dem hohen schwarzsammtenen Jungfernkranz mit herabwallendem,
gesticktem, weißem Schleier und aus dem enganliegenden schwarzen Leibchen, aus dem ein
paar kunstvoll gestickte Hemdärmel hervorleuchten und das häufig genug ein alter, kostbar
mit Edelsteinen besetzter Gürtel umschließt. Die walachischeu Mädchen tragen an Festtagen
meist ein schön mit Blau oder Roth ansgenähtes Hemd, ein buntgeblümtes Leibchen nnd die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch