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Die Rechtspflege war Sache der 12 Stuhlrichter, die alle 15 Tage einmal zu
Gericht saßen. Von diesem Stuhlgerichte konnten die Processe an den Universalstuhl der
Szekler hinaufgeleitet werden, der seine Sitzungen in Udvarhely hielt. Die dritte Instanz
war der Szekler-Gespau oder der Wojwode von Siebenbürgen. Der Szikler-Gespan
konnte auch an Ort und Stelle Recht sprechen, wozu ihm 12 eigens gewählte Richter
beigegeben wurden. Die Oberkönigsrichter hatten auf die Rechtspflege zu achten und
revidirten daher jährlich dreimal die Urtheile.
Von den früheren Cnlturzuständen der Szekler ist sehr wenig bekannt. Das kirchliche
Leben war schon im XIV. Jahrhundert entwickelt und geregelt. Die Kirchen, besonders
aber die einzelnen Klöster dürften mit Schulen verbunden gewesen sein. Daß die
Schristkuudigkeit zu dieser Zeit im Verhältniß zu den Zeitumständeu hier schon
ziemlich verbreitet war, geht auch daraus hervor, daß die ältesten Chroniken, wie die
Wiener Bilderchronik und die Thnröczische Chronik, sagen: „Die Szekler haben die
scythischen Buchstaben noch nicht vergessen. Allein sie benützen dieselben nicht als Schrift,
sondern als Einschnitte auf Stäben runenartig." Diese von den alten Chronisten erwähnten
angeblich scythischen oder hunnischen Buchstaben sind auch in einzelnen alten Kirchen-
inschriften erhalten geblieben, so an der Innenwand der römisch-katholischen Kirche zu
Csik-Szeut-Miklös und an der Decke der unitarischen Kirche zu Enlaka. Die letztere ist noch
jetzt vorhanden. Seit dem XVI. Jahrhundert stößt mau dann schon auf immer mehr
Spuren des Schulbesuchs, und es zeigt sich auch, daß die Szökler sich allezeit tapfer au
den literarischen, wissenschaftlichen und cultnrellen Bestrebungen des Magyarenthums
betheiligt haben.
Socia les Leben. — Die jetzigen socialen Zustände der S M e r entsprechen im
Allgemeinen denen der magyarischen Gesellschaft, doch fehlt es ihnen nicht an besonderen
Zügen. Das Szeklervolk ist im Ganzen und Großen fleißig und sparsam. Es hängt zäh
am Boden der Väter, daher auch sein Grundbesitz sich stark zerstückelt hat. Für kleinere
Unternehmungen hat es Geschäftsgeist und weiß in diesem engeren Rahmen seinen
Nutzen klug zu berechnen. Dagegen läßt es sich unter keiner Bedingung auf gewagte
Unternehmungen ein. Seine Vaterlandsliebe gründet sich recht eigentlich auf den Boden
des Vaterlandes, an den es sich bis aufs Äußerste klammert. Daß er auf seinem geringen
Besitz, bei nicht gerade fruchtbarem Boden und primitivem Wirthschaftssystem zu leben
vermag, dankt der Szekler zum Theil der Geschicklichkeit und Arbeitsliebe der Frau. Die
Szeklersrau folgt ihrem Manne auf das Feld und verrichtet mit ihm vom frühen Frühjahr
bis in den späten Herbst jede landwirthschastliche Arbeit.
Das Familienleben ist im Allgemeinen intim und rein. Der Familienvater nennt
sein Hausvolk seine „Dienstleute" (eselsck), ruft sie in der Regel beim Namen nnd duzt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch