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der Szekler Baukunst. An nichts anderes wird — und wurde besonders in älterer Zeit
— soviel Sorgfalt, ja verhältnißmäßig so viel Geld gewendet. Das Thor kostete mit-
unter nicht weniger, als der ganze Hausbau. Das „Taubenschlagthor" sieht folgender-
maßen aus: Längs der Straße sind in einer 7—8 Meter laugen Linie drei Eichenständer
aufgerichtet und auf diesen ruht ein niederes,schmales, geschindeltesDächleiu, das derganzen
Länge nach als Taubenschlag eingerichtet ist. Zwischen den beiden, dem Hause nächsten
Ständern wird das „Thürlein" angebracht; das große Thor aber ist so breit und hoch, dass
es dem größten, noch so hoch geladenen Heu- oder Getreidewagen Einlaß gewährt. Die
Ständer — die in einem Szekler Volksliede der Bursche befragt: „Sag', du Pfosten, sag'
mir's frei, wer geht Abends an dir vorbei" — sind oben durch quer ausgelegte Hölzer
verbunden, deren unterste am großen Thore hoch und rundbogig, am Thürlein aber nur in
Thürhöhe meist hufeisenförmig gestaltet werden. Auf der Straßenseite sind sie von oben bis
unten mit geschnitztem Zierrat bedeckt, desgleichen die Holzverbindung, die dem Tauben-
schlag als Basis dient. Diese Schnitzereien laufen vom Fuß der Thorständer hinan und
bestehen in der Regel aus stilisirtem Nankenwerk, dreiblättrigem Klee, Palmen, Tulpen,
Lilien, Weintrauben n. s. w., auch aus rosettengekrönten Säulen, hie und da einem Apfel-
baum oder der Stabwurz und aus Familienwappen, meist in Roth, Grün und Blau.
Auf dem Thürsturz liest man fast ausnahmslos die Namen des Bauherrn nnd seiner
Fran, nebst Jahreszahl und wohl auch einen frommen oder sogar sinnigen Spruch, zum
Beispiel: „Gott segne deinen Ausgang und lenke dein Kommen bei der Wiederkehr",
oder: „Ist dein Herz und Seele gut, magst hereinkommen; wenn nicht, so ist der Weg
breit, magst weitergehen." Ein solches gediegen gebautes Szeklerthor ist bei richtiger
Fürsorge nicht zugrunde zu richten. Es sind noch sehr viele vom Ende des XVIII. und
Anfang des XIX. Jahrhunderts erhalten. In Mikhäza (Maros-Tordaer Eomitat) gibt es
eines von 1676, in Dälnok (Haronifzeker Eomitat) und Meuasag (Esiker Eomitat) von
1633 und 1634.
Außerhalb des Thores befindet sich an der Planke des Vorgärtcheus ein gedeckter
Sitzplatz, wo Sonntag Nachmittags die Hausleute zu sitzen Pflegen. Im Hofe steht links
vom Thore ein hölzernes Backstübcheu (Sommerküche), und daneben längs der Straße das
Küchengärtchen, das zuweilen auch einen Bienenstand enthält.
Dem Thore gegenüber, im Hinterhofe, befindet sich die Scheune. Rechts nnd links
vom Scheunenthor, doch unter dem nämlichen Dache, sind zwei Ställe. Der eine für die
Zugochsen, der andere für Kühe und Kälber. Zwischen Scheune und Haus steht der
Stall für die Schweine, dann der Pferdestall und der Wagenschuppen. Hinter der
Scheune liegt meistens der Scheunengarten, wo die Heuschober, Getreidetristen und
Strohsehmen aufgeschichtet werden. Hinter dem Scheunen- und dem Gemüsegarten liegt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch