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In diesem Flurgang sind drei Thüren. Geradeaus liegt die Speisekammer, rechts gegen
die Straße hin das „große Haus" (die Tages- oder Feststube), links das „kleine Hans".
Da wir Gäste sind, führt uns die wohlerzogene Szeklerin in das „große Haus"
Es hat zwei Fenster nach der Straße und eines nach dem Hofe. Hinter den
sauberen, weißen oder bunten Perkail-, wo nicht Spitzenvorhängen duften in Töpfen
Majoran und Rosmarin, Nelken und Muskatblüthen. In der Mitte des Raumes steht
der bemalte Ausziehtisch, mit weißem Tischtuch gedeckt. Der Hof- und Gassenwand entlang
laufen lange, schmale, blaugestrichene und mit gelben Tulpen geschmückte Bänke, deren
Enden zusammenstoßen. Der Sitz der Bauk ist aufzuheben und deckt eine lange, tiefe
Truhe, die ein ganzes Waarenlager birgt: Leinwandweben, gewalktes und uugewalktes
Tuch, znfammengeknäueltes Garn, Weißzeng, ein oder das andere Paar Cordnanstiefel
für Feiertage, die wollenen engen Hosen des Hausherrn, sein Lammfell-Leibel, seine Mütze
und anderes mehr. Zwischen den beiden Gassenfenstern steht ein Schubladkasten (Kasten).
In den Schubladen liegen die Frauenkleider, das Tischzeug und feinere Weißzeug.
Dazwischen versteckt ruht allerlei Schriftliches: das Steuerbüchel, Kauf- und Verkauf-
verträge, Schuldscheine, der Erlös des auf dem letzten Markte verkauften Viehes, oder,
wenn etwas gekauft wurde, das Sümmchen, das man davon zur Bestreitung des Hans-
wesens zurückbehielt. Auf dem Schranke steht Porzellangeschirr, auch farbige Gläser mit
Inschriften, zum Gebrauch für feinere Gäste. An der Wand über dem Schranke hängt
ein großer Spiegel, zwischen den Porträts des Königs und der Königin, wozu etwa noch
das Bildniß irgend eines hervorragenden Patrioten und bei Katholiken dieses und jenes
Heiligenbild kommt.
In der Ecke nach der Straße hin steht das „gemachte Bett", so recht der Stolz der
Szeklerfrau. Das bemalte Holzwerk ist mit Tulpen ornamentirt. Zu unterst im Bette liegt
der Strohsack, darauf Unterbetten, die ein weißes Leintuch mit gehäkelten oder spitzenartig
ausgenähten Rändern bedeckt. Auf den Unterbetten liegen so hoch aufgehäuft, daß das
gemachte Bett fast bis an die Stubendecke reicht, eine Menge Kissen in weißen oder
bunten „Zicheu", die am kurzen Ende reich mit Barrottas-Stickerei geschmückt sind. Über
das ganze Bettgebände aber ist fein ordentlich eine weiße, am Rande schön gestickte Bett-
decke gebreitet. Vor dem Bette steht eine Reihe hochlehniger, mit Tulpen bemalter Stühle.
Die Grundfarbe der Möblirnng ist gewöhnlich blan.
In der Hinteren Ecke steht der große Kachelofen. Seine Basis, der Herd, ist
25 Eentimeter hoch, 2 Meter lang und 1 Meter breit aus Ziegeln aufgemauert. Vorne
ist ihm ein blecherner oder eiserner „Heizofen" (t'ütö) aufgesetzt. Auf der übrigen Fläche
steht ein Gebilde, das etwa einem großen deckellosen Koffer gleicht, aus grünen, mit
Zieraten versehenen Kacheln; dieser Aufbau ruht auf dem langhin gestreckten Ofenbalken
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch