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Spricht zu ihr in Worten, kraus und weiß das Lämmlein:
Glicht erschrick vor mir, o Julia, schönes Mägdlein.
Denn jetzt fehlt just eine aus der Jungfrauen Schaaren,
Mit hinauf ich nehm' dich, willst du mit mir fahren,
Zu den heil'gen Jnngsran'n in des Himmels Chöre,
Daß mit dir die Zahl dort wieder voll doch wäre.
Wollt' dir in die Hand des Himmels Schlüssel stecken,
Bei dem ersten Hahnruf käm' ich dich zu wecken,
Bei dem zweiten Hahnruf thät' ich „komm'" dir sagen,
Bei dem dritten Hahnruf thät' ich fort dich tragen.
Spricht zur guten Mutter Julia, die schöne:
Mutter, liebe Mutter, sagt sie, hör', ach höre!
Ging hinaus ins Feld heut', Kornblumen zu finden,
Kornblumen zu suchen, sie zum Kranz zu winden,
Sie zum Kranz zu binden, mich wohl zu befinden.
Blickt' hinauf, hinauf zum hohen, hohen Himmel:
Sieh' welch' schöner Fußpfad dnrch's Wolkengewimmel
Grad herab und siel/ nur, draus ein kraus, weiß Lämmlein,
Mond und Sonne tragend zwischen seinen Hörnlein.
Auf der Stirn ein Heller Stern wie ein Geschmeide,
Zwei schön gold'ne Ringlein um die Hörnlein beide.
Ei, zwei Kerzen brennen schön zur Recht' und Linken,
So viel Haar' am Leibe, so viel Stern' thun blinken.
Spricht zu mir in Worten, kraus und weiß das Lämmlein:
Nicht erschrick vor mir, o Julia, schönes Mägdlein.
Denn jetzt fehlt just eine aus der Jungfrauen Schaaren,
Mit hinauf man nimmt mich, wenn ich mit will fahren,
Zu den heil'gen Jnngfrau'n in des Himmels Chöce,
Daß mit mir die Zahl dort wieder voll doch Ware.
Will mir in die Hand des Himmels Schlüssel stecken.
Bei dem ersten Hahnrnf kommt man mich zu wecken,
Bei dem zweiten Hahnruf wird man „komm'" mir sagen,
Bei dem dritten Hahnruf wird man fort mich tragen.
Jetzt bewein' mich, Mutter, will noch lebend hören,
Wie du mich Gestorb'ne bald beweinst in Zähren.
Tochter, meine Tochter! Meines Blumengärtleins
Ersten Bienenschwarmes erster Honigseim du,
Ersten Honigseimes gilbend gelbes Wachs du,
Gilbend gelben Wachses Rauch am Boden rauchend,
Rauch am Boden rauchend, Flamm' in Himmel tauchend!
Horch, ein himmlisch Glöcktein, nicht gezogen, klang es,
Horch, ein himmlisch Psörtlein, nicht geöffnet, sprang es,
Weh! mein Töchterlein, dort eingeht's leisen Ganges.
Um die Szekler Volksballaden webt eine eigenthümliche Melancholie, aber nicht
minder um andere Erzeugnisse der Szekler Volksdichtung, besonders um die Liebes- und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch