Seite - 304 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (7), Band 23
Bild der Seite - 304 -
Text der Seite - 304 -
304
die alle anderen im östlichen Siebenbürgen übertreffen; trotzdem ist es als Badeort nicht
gerade besucht. Der Weg theilt sich hier; er führt durch das wieder verengte Thal in die
Gyergyö und andererseits durch wildromantische Gebirgsgegend nach Borßek, einem der
reizendsten Badeorte Siebenbürgens.
Nach Sächsisch-Regen zurückgekehrt, kann man ein zweites herrliches Thal aufwärts
verfolgen. Es ist das Görgenythal, das beinahe geradlinig gegen Osten zieht. Ueber
Görgeny-Söakna, einen hübschen Badeort, der sich aus einem altrömischen Salzberg-
werk entwickelt hat, gelangt man bald nach Görgeny-Szent-Jmre , am Fuße des weithin
sichtbaren hntsörmigeu Räköczyberges. Der Blick nach dem Gipfel des Burghügels weckt
eine bunte Reihe interessanter geschichtlicher Bilder, wandelt man aber im Park am Fuße
des Berges, wo Schloß und Hof sich so bescheiden gelagert haben, und überschaut die
waldigen Berge, in deren Dickichten Bär, Hirsch und Reh Hausen, so erschimmert in der
Phantasie eine Lebensbahn, die allem Glänze zuzuführen schien, doch leider in der Mitte
abreißen mußte. Im Brausen und Rauschen des Görgenyslusses raunen die düsteren
Sagen der Längstvergangenheit, zugleich aber eine schwermüthige Mär aus nahver-
gangener Zeit: „Hier wandelt' einst ein Königssohn. . . "
Von der berühmten Görgenyer Burg stehen jetzt nur ein paar Klafter Ringmauer
und ein Kellergewölbe. Sie gehört zu den Burgen, welche die Volkssage durch Feen
und Riesen erbauen läßt. Die Görgenyer Herrschaft gehörte erst dem Johannes
Hnnyady, dann den Zapolya. Johann Sigismuud lag hier nach einer Jagd krank
und ließ sich von hier nach Karlsburg bringen, wo er bald starb. Auch die tragische
Geschichte des Fürsten Achatins Barcsai knüpft sich au die Burg. Von hier sendet ihn
Johann Kemöny als Gefangenen unter Bedeckung nach Kövär, unterwegs aber wird
er von seinen Begleitern bei dem Dorfe Mpa im Klansenburger Komitat getödtet und zu
Kozmatelke in ärmlichem Grabe bestattet. Zum letzten Male war die Burg im Jahre 1708
durch Rabntin belagert. Die Besatzung bestand aus lOOPalastheiduckeu Frauz Räköczy's II.
und einigem mit eingeschlossenen Volk. Kommandant war Stephan Rätoni. Er wehrte
sich mit unglaublichem Heldenmuthe, als er aber gefallen war und die Heiducken einen
Ausfall gemacht hatten, ergab sich das übrige Volk. Rabntin ließ die stark beschädigte
Burg schleifen, und aus ihrem Materiale wurde am Fuße des Berges das Gebäude
errichtet, das dem verewigten Kronprinzen Rudolf als Jagdschloß diente. Er hat hier
wiederholt in Gesellschaft von ungarischen Herren auf Bären gejagt. Einmal kam
er mit seiner Gemahlin, Erzherzogin Stephanie, ein anderesmal in Gesellschaft des
Prinzen von Wales, jetzigen Königs von England, dann wieder mit dem jetzigen
Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand. Jetzt ist darin eine Fachschule für Forsthüter
untergebracht.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch