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Bergtrichters sind mit Buchenwald bedeckt, das Seeufer mit einem Kranze schlanker
Tannen umgürtet. Der Wind findet hier nicht leicht Eingang, nur selten sieht man den
Wasserspiegel von einem Lüftchen gekräuselt. Die entzückende Schönheit und Heimlichkeit
des Punktes, die feierliche Stille ringsum stimmt zur Andacht. Auch wurde die Stelle
allezeit als heilig betrachtet. Die alten Magyaren sollen hier ihre Opfer verrichtet haben,
als sie die Religion der Väter nicht mehr frei ausüben durften. Später baute das
ungarische Christenthum am Seeufer eine Kapelle zu Ehren der heiligen Anna, wohin
zweimal im Jahre gewallfahrt wurde. Später wurde dies verboten und seitdem steht die
Kapelle verlassen; desto eifriger strömen die Naturfreunde herbei. An See und Kapelle
knüpft die Volksdichtung mancherlei herrliche Mären.
Dem See benachbart, steigt der Csomäg 1300 Meter hoch empor. Wo seine Massen
über dem See auf die des Büdös treffen, liegt 1000 Meter hoch ein schwankender, moorig-
sumpfiger, von Meeraugen und Tümpeln durchbrochener subalpiner Bruch, der Kukojßäs-
(Mohos-) Sumpf. Dieses unvergleichliche Naturgebilde, größer als der St. Anna-See,
ist eine förmliche Wasserburg,mit dichtem Sphagnnmteppich bedeckt, der unter den Schritten
schwankt, ohne aber durchzubrechen. Diese sumpfige, von Wasserlöchern unterbrochene
Moorwiese mag wohl das obere Reservoir des St. Anna-Sees sein, der von hier aus
durch unterirdische Canäle gespeist wird, so daß er trotz Verdunstung stets sein Niveau behält.
Von Tnsnad nördlich liegt Tnsnäd-Ujsalu, dann Csik-Tusnäd, dann Csik-
Kozmäs, worauf der Weg sich theilt. Südöstlich führt er durch ein Engthal auf die
Nyergeshöhe, die das von Käßou herüberziehende Engthal völlig beherrscht. Mächtige,
dichtbewaldete Alpenhäupter blicken ins Thal nieder.
Die fünf Ortschaften mit dem Vornamen Käßon arbeiten hauptsächlich Bretter,
Schindeln und andere Holzwaren; der Kaßonbach ist ganz mit Sägemühlen besetzt. Eine
halbe Stunde von Käßon-Jakabfalva liegt das gleichnamige Bad, gewöhnlich Kaßoner
Bad genannt. Es besteht aus wenigen einfachen Häusern. Die Hauptquelle bricht als
mächtiger Sauerbrunnen aus einem Sandsteinfelsen hervor; sie enthält viel Kohlendioxyd
und zählt zu den vorzüglichsten Trink- und Heilquellen.
Dem Altthale entlang folgen im Becken der unteren Esik nach Csik-Tusnäd die
schmucken, volkreichen Szeklerorte Csik-Verebes, Csatößeg und weiter oben Csik-
Szent-Simon. Man sieht Schindeldächer und breite, fast sechs Meter hohe Thore, oft
mit meisterlicher Holzschnitzerei nnd 100 bis 150 Jahre alt. Csik-Szent-Simon ist
Station der Sepsi-Szent-György—Csik-Szeredaer Eisenbahn. Östlich davon liegt das
große, volkreiche Esik-Szent-Märton. Von da führt ein Weg etwa 30 Kilometer
weit in den Üzvölgyer (Kis-Tölgyeser) Grenzpaß, der jetzt wenig Verkehr hat. Das wild-
romantische Thal des Üz ist von finsteren Tannenwäldern und steilen Felsbergen umsäumt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch