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Wald und Weide Gemeingut sind, das Ackerland aber kaum ein Viertel des Comitats-
gebietes ausmacht, muß der Ackerboden sich in sehr kleine Besitztheile zersplittern. Nur
wenige Grundbesitzer haben mehr als 300 Joch Feld, das gilt hier schon als Großgrund-
besitz. Aber auch dieser ist, die schon commassirteu Gemeinden ausgenommen, nicht
zusammenhängend; Ackerfelder von 10 bis 20 Joch sind äußerst selten. Dagegen kommt
es oft vor, daß eiu Kleinbesitz von 10 bis 15 Joch in 20, 30, 40 Pareellen zerfällt.
In einem großen Theile des Comitats ist die Grundlage des Ackerbaues der dreifache,
in der kleineren, nordöstlichen Hälfte der zweifache Turnus; Wechselwirthschaft wird
mit Ausnahme der commassirten Felder nur auf den größeren Besitzungen betrieben.
Da das Ackerland auf dreifachen Turnus, von möglichst gleicher Ausdehnung, vertheilt
ist, heißt der erste Turnus „Herbsthattert", der zweite „Frühjahrshattert", der dritte
„Svmmerhattert". Der dritte Turnus wird nach einjähriger Brache zum Herbsthattert.
In der Landwirthschast mit doppeltem Turnus werden in einem Turnus Herbst- und
Frühjahrssaat gemischt, der andere liegt brach und dient als Weide. In den Thälern
längs der Flüsse, wo der Boden besser ist, steht er Jahr für Jahr unter Cultur.
Die Bevölkerung erwirbt sich ihr Brot thatsächlich mit blutigem Schweiße. Dreimal
muß der widerspenstige Boden gepflügt werden, ehe der Weizen oder Roggen gesät wird.
Im Frühjahr wird „gebracht", im Juli und August „gewendet", im September und
October das „Säpflügen" vollendet, worauf endlich die Aussaat erfolgt. Und wenn der
Boden nicht gut gedüngt ist, war das dreifache Pflügen nutzlos, der Ertrag wird gar gering
Und wie schwer ist es, den Dünger auf die steilen Abhänge der hohen Berge hinaus-
zuschaffen! Die Leute helfen sich, wie sie können. Ein bis zwei Joch mindestens werden
jährlich durch die Schafe gedüngt. Zehn bis zwanzig Bauern stellen sich zusammen, und
wer 40 bis 50 Schafe besitzt, darf darauf rechnen, daß einmal im Jahre die Schafherde
auf seinem Acker, den er dazu bezeichnet, übernachten wird. Die Herde wird für die
Nacht in einem transportablen „Korb" (Hürde) eingeschlossen und nach 4 bis 5 Nächten
wird der Korb weitergetragen, bis auf diese Art das ganze Feld durchgedüngt ist. Ebenso
wird mit der Ochsen- und Geltkuhherde und dem Pferdebestand verfahren.
Schweiß wird wahrlich genug vergossen, ehe Gottes Segen in der Scheune ist. Das
Heumachen ist kaum vorbei, so heißt es schon zur Ernte schauen. Das Heumachen! Auch
hier gibt es Wiesen längs der Flüsse, aber wie klein ist der Raum, auf dem sie sich in den
engen Thälern zusammendrängen. Die meisten Mähwiesen liegen in den Wäldern ans den
steilen Bergabhäugen. Gegen Ende Juni krabbelt Alles, was Arm und Bein rühren kann,
da hinauf. Und Keiner kommt ins Dorf herab, ehe das Heu gemacht ist. Nur die Weiber
und Dirnen gehen zeitweise heim, den Männern das Essen zu holen. Man baut Hütten aus
belaubten Zweigen, darin werden Lebensmittel und Kleider verwahrt und da schlafen auch
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch