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dem Großen und Kleinen Homoröd dient. In dem Engthal jenseits liegt Homoröd-
Almas. Wiederum südlich von hier führt der Weg über eine Wasserscheide in das Thal
des Vargyasbaches mit der Ortschaft Vargyas .
Hier, in den Gemarkungen von Vargyas und Homorod-Almäs, befindet sich eine
der interessantesten Naturmerkwürdigkeiten des Szeklerlandes, die Almäser Höhle,
im Volksmunde — und auch in alten Schriften — Csndälö-kö (Wunderstein)
genannt. Sie heißt übrigens auch Kö lik (Steinloch). Von Vargyas ab wird das Thal
immer enger, rechts und links starren felsige Bergketten empor und in der Flanke der
rechts aufsteigenden gähnt der schwarze Höhleneingang. Eine kühle, feuchte Luft schlägt
dem Eintretenden entgegen. Aus den Wänden und von den niederhängenden Felsen-
säulen trieft kalkhaltiges Wasser, in der großen, geheimnißvollen Stille hört man jeden
Tropfen fallen. Ein Flintenschuß in dieser unheimlich stummen Höhle weckt mit dem
Echo zugleich Schwärme von Fledermäusen, die aus finsteren Schlüften hervorflattern
und, vor Schreck piepsend, durch die düsteren Hallen huschen. In Schlamm, Wasser und
Guano bis an die Knie versinkend, bald über Felshügel kletternd, watet und kriecht man
von Saal zu Saal; man athmet erleichtert auf, wenn man nach Zurücklegung einer
Strecke von 800 Meter wieder ins Freie gelangt. Unwillkürlich denkt man der alten
kriegerischen Zeiten, als das Volk der Gegend vor den Tatarenhorden hieher zu den
Fledermäusen flüchtete und monatelanges Elend duldete. Von der steinernen Mauer,
mit der sie den Eingang schlössen, sind noch Reste vorhanden; sie zeigen, wie die
Leute sich hier vertheidigt haben. Wenn auch die Mauer verschwindet, werden die Sagen
fortleben, die sich an die Höhle knüpfen. Da steht gleich dem Eingange gegenüber eine
schlanke Felsnadel, der Esa la -Thurm. Als das Volk in der Höhle schon vom Hunger-
tode bedroht war, unternahm es der Kriegsmann Esala, diesen Felsthurm zu besteigen
und Umschau nach den Tataren zu halten. Und siehe, er erblickte nirgends eine Spur
des Feindes. Da wandte er sich in seiner großen Freude gegen die Höhle hin, um die
freudige Botschaft hinüberzurufen. Allein die rasche Wendung wurde sein Verhängniß, er
stürzte hinab und blieb todt liegen. Die Höhle enthält zwölf Säle, es gibt aber noch
etliche kleinere in den Flanken dieser Berge, darunter den Lö-csür (Pferdestall) und
Kö-esür (steinerner Stall). Alle haben als Schlupforte gegen die Tataren gedient.
Jetzt werden sie immer mehr von Touristen besucht.
Sehr interessant ist der Ausflug von Homoröd-Almäs nördlich im Thale des
kleinen Homoröd, nach Szent-Kereßtbänya. Man passirt dabei Lövete, wo das Salz-
lager des Eomitatsgebietes seine nördliche Grenze hat. Weiter oben verengt sich
das Thal immer mehr und wühlt sich in den Abhang eines aus Trachyt-Eouglomerat
bestehenden Plateaus ein, das im Südosten den Grat der Hargita umgürtet. Unfern
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch