Seite - 474 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (7), Band 23

474 Burg gefangen gesetzt wurde. Als eine der stärksten Burgen Siebenbürgens spielte Schäß- burg unter den Fürsten eine nicht unwichtige Rolle, was ihm auch manches Ungemach und schwere Schäden zuzog. Die Zeit Bastas (1603—1604) war besonders hart. Jni Jahre 1646 wüthete eine Pestilenz, 1676 legte ein Brand fast die ganze Stadt in Asche, 1709 war sie wieder von einer Seuche heimgesucht und 1788 brannte neuerdings etwa ein Drittel der Stadt nieder. In Schäßburg wurden Georg Näköczy I. und Johann Kemeny von den siebeubürgischen Ständen zu Fürsten gewählt; auch Achatius Barcsay uahm hier ihren Treuschwur entgegen. Schäßburg hat 9.812 Einwohner, zumeist Sachse», der Rest Magyaren uud Rumänen. Vom Bahnhof führt eine breite Fahrstraße zwischen schönen Obstgärten nach der Stadt. Rechts passirt man die neue Tuchfabrik, liuks die neue Kirche der ungarische» Resormirten. Über die massive Kokelbrücke gelangt man in die Baiergasse, die Haupt- verkehrsader der Stadt. Hier fällt das palastartige Gebäude der staatlichen Elementar- schule» auf. Links ist der Ausblick durch den Goldberg mit seiner Zigennercolonie, rechts durch den Schulberg und die sogenannte Burg verstellt. Auf dem Hauptplatze sieht man hübsche neue Privathänser und in der unteren Zeile das neue Stadthaus. Vom Marktplatz, der zur Zeit der Wocheumärkte ein Bild bunt bewegten Lebens darstellt, führt gegen die Burg hin eine enge, steile Gasse unter dem Bogen des Stadt- thurmes durch in die aus hohen Häusern bestehende Burggasse. Gleich rechts erblickt mau das frühere „Kloster", jetzt Kirche der Evangelischen A. B. Nicht weit davon erhebt sich eines der interessantesten Bauwerke der Stadt, der „Stundthurm", und dicht bei diesem steht das „Alberthaus", eine sächsische Erziehungsanstalt, die dem Andenke» des einstige» Schäßburger Gymnasialprofessors Michael Albert, des trefflichste» Dichters der Sieben- bürger Sachsen, geweiht ist. Am Nordportal der Klosterkirche vorbei gelangt man zum Comitatshause. Dieser mächtige Bau im Stile der deutschen Renaissance ist weit hinaus ins Thal sichtbar, so daß der Reisende ihn schon weit her von den Waggonfenstern der Eisenbahn aus erblickt. Das Innere ist geschmackvoll ausgestattet, besonders der große Prunksaal, der Werke der einheimischen Maler Eugen Gyärsäs, Fritz Schnllerns und Ludwig Schuller enthält. Vor der Fa^ade erhebt sich auf der Bastei die Statue Petöfis, ein Werk Nikolaus Köllös, das am 31. Juli 1897 enthüllt wurde, dem 49. Jahrestage der Schlacht bei Schäßburg, in der der Dichter fiel. Vom Burgplatz links gelangt man durch eine Gasse und die gedeckte Schulstiege (172 Stufen) auf den Schulberg, wo die Bergkirche und das evangelische Gymnasium Aufmerksamkeit verdienen. An diesem Gymnasium wirkten als Professoren längere Zeit die Bischöfe Binder, Teutsch uud Müller, der bereits erwähnte Dichter Michael Albert, dann der ältere und der jüngere Karl Gooß, letzterer einer der hervorragendsten sächsischen Gelehrten der Neuzeit. Die Bibliothek und