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Von den Ehen der Zigeuner sind 16 bis 17 Procent nicht gesetzlich. Der Mutter-
sprache nach sind von sämmtlichen Zigeunern Ungarns 38 Procent magyarisch,
30 zigeunerisch, 24 rumänisch, 3 5 slovakisch, 2 serbisch, die übrigen 2 5 Procent ver-
theilen sich auf andere Sprachen des Landes. Fast die Hälfte aller Zigeuner kann
ungarisch und mehr als die Hälfte kann nicht zigeunerisch. Dem Glaubensbekenntniß
nach sind 39 25 römisch-katholisch, 26 75 griechisch-orientalisch, 20 25 griechisch-katholisch,
11 75 resormirt, den anderen Confessionen gehören zusammen 2 Procent an.
Um die Lebensweise der Zigeuner kennen zu lernen und das Zigeunervolk zu
regeln, ist es sehr wichtig zu wisse», was für Beschäftigungen sie außer den sehr häufigen
unerlaubten Erwerbsmitteln haben. Dem Ackerbau sind sie durchaus abgeneigt. Es be-
sitzen insgesammt nur etwa 10.000 Zigeuner etwa 5000 Joch eigenen oder gepachteten
Acker und Garten. Wohl aber widmen sie sich gern, und mit recht viel Geschick und
Erfolg, gewissen Gewerben, welche den primitiveren Bedürfnissen der Bevölkerung ge-
nügen. Am zahlreichsten (17.600) sind die Metallarbeiter; und zwar betreiben von
diesen fast 13.000 das für die Zigeuner charakteristische Schmiedehandwerk, 2000 sind
Kesselschmiede, 1500 Nagelschmiede. Unter den Holzarbeitern gibt es 3000 Trogschnitzer
und 2000 Löffelschnitzer. Besenbinder, Korbflechter und Siebmacher finden sich fast 3000,
Schlammkneter und Ziegelstreicher über 15.000. Das Bekleidungsgewerbe betreiben 800.
Weiblichen Gewerbezweigen widmen sich über 7000 Zigeunerinnen. Die Gesammtzahl
der Gewerbetreibenden übersteigt 50.000. In ihrer Art Handeltreibende gibt es 4500,
und von diesen sind ein Drittel Roßkämme. Von der Musik leben 17.000, darunter etwa
150 Frauen.
Die ansässigen und die wandernden Zigeuner sind nicht nur in ihrer Lebensweise,
sondern auch in Charakter und Erscheinung merklich verschieden; auch verkehren sie nicht
viel mit einander. Der Wanderzigeuner ist strammer und selbstbewußter; sein Teint ist fast
bronzefarbig, der des ansässigen Zigeuners mehr räucherig. Die Ansässigen passen sich
in Sprache, Religion und Sitten dem Volke ihrer Gegend an. Der meist im Zelt
wohnende Wanderzigeuner hat sich mehr von den Ureigenschaften des Stammes bewahrt.
Das Haupt der Ansiedluug, wie der Karawane ist der erwählte Wojwode. Seine Ab-
zeichen sind der Dolmäny mit silbernen Knöpfen, der Stab und der Becher. Die Würde
des Großwojwoden war in Ungarn früher ein Staatsamt. In neuerer Zeit haben die
Wojwoden viel von ihrer Macht eingebüßt, doch ist ihre Rolle noch immer nicht gering,
sowohl den Behörden gegenüber und in den inneren Angelegenheiten ihrer Truppe, als
auch hinsichtlich der Tauf-, Ehe- und Bestattungsgebräuche, die sich noch manchen uralten
eigenthümlichen Zug bewahrt haben. Die Überlieferung wird meist durch die Frauen
bewahrt. Diese quacksalbern, zaubern und wahrsagen aus Hand uud Karten. So manches
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch