Seite - 10 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24
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lieblichsten Farben erschiinmern und sich endlich zertheilen, um die silberglänzende Fläche
der ewigen Salzfluth durchblinken zu lassen.
Das Meer im Qnarnero erscheint wie ein großer geschlossener See; von dieser
Höhe aus erblickt mau allerdings die vorgelagerten Inseln, die den Ansblick auf das
offene Meer verlegen, aber dafür die Landschaft durch reichere Formen beleben.
Der Monte Maggiore (Velika ucka) einerseits, der Vratnik und ein Theil des
Velebit anderseits umfassen das schöne Bild. Zwischen diesen beiden Gebirgsstöcken fällt
die weite Hochebene des Modruö-Fiumaner Comitates theils in schroffen Wänden, theils
in allmäligen Übergängen zum Meere ab. Die Landschaft, zumeist kahl und verkarstet, ist
dort, wo sie vom Meere umspült wird, großentheils mit schöner Vegetation geschmückt.
Weinreben umranken mühselig zu Weingärten hergerichtete Böschungen und Thalein-
schnitte, fahlgrüne Oliven bilden mattschimmernde Haine, vereinzelte Granaten schmücken
mit ihren leuchtenden Blüten so manches Gärtchen, nnd größere Gruppen von Lorbeer
zaubern ein frisches, tiefes, dauerndes Grün auf weite Strecken dieses steinernen Grundes.
Der Küstenländer nennt den Boden, den er bewohnt, ein steinernes Meer. Schwermüthig,
wie das Bild dieser Landschaft, ist auch sein Blumenschmuck; die gelben, harten Immortellen
und das farbenlose Frauenhaar (smiho i kovHe) sind der ärmliche Schmuck der Mädchen,
und es ist rührend zu sehen, mit welcher Liebe diese armseligen Blümlein anch in dem
Garten der nationalen Dichtung gepflegt werden.
Die Wohnungen der Menschen bilden einen erquickenden Schmuck dieser Gegend und
fügen zur Erhabenheit des Landschaftsbildes die Anmuth des Menschenwerkes. Wie
Scharen von Seemöven, die sich auf das Ufer niedergelassen haben, schimmern nnd
leuchten die Gehöfte und Dörfer im Ufergebiete des Küstenlandes, auf den Inseln des
Golfes. In der großen Mannigfaltigkeit dieses herrlichen Bildes ist das Meer die
verbindende Einheit, eine selbst wieder mannigfaltige Einheit, vielgestaltig, wie der sagen-
hafte Meergreis Proteus, den der Schifferheld Odysseus doch bezwang. Bald kraus und
grau, wie bleiern und dräuend, dann unheimlich, feindselig und bedrohlich, die Mutter
aller Schrecknisse, und bald wieder ganz anders, das Bild vollendeter Lieblichkeit,
Amphitrite, rosengeschmückt in den untergehenden Strahlen der Sonne. Die schnellsten
Segler durchfurchen die Salzflut in scheinbar trägem Dahinschleichen, so sehr verliert die
Schnelligkeit der Bewegung, an der Größe des Meeres gemessen; die Schifferbarken, die
meist paarweise zum Fischfang ausziehen, gleichen in ihrem sauften Hingleiten ruhenden
Schmetterlingen, die sich auf dem weiten Wasserspiegel niedergelassen haben.
Das prächtige Bild südlicher Vegetation, das uns die Ufer des Küstenlandes bieten,
ist der Lohn für sehr viel harte Arbeit. Schwer tragen die Leute in Säcken die fruchtbare
Erde zusammen, schwer tragen sie die Steine herbei, um durch hohe, breite Trocken-
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch