Seite - 55 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24
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Nachdem sich Andreas durch Bekämpfung der Schismatiker und Patarener den
Papst günstiger gestimmt hatte, kam durch Vermittlung der Curie ein Frieden zwischen
den Brüdern zu Stande, der aber von keiner Dauer war. Die erneuerten blutigen Kämpfe
wurden dadurch beendet, daß König Emerich seinen Bruder Andreas gefangen nahm.
Herzog Andreas büßte (1204) seine Untreue in strenger Heft zu Kneginec (Kene) bei
Warazdin. Die Trümmer dieser Burg sind noch sichtbar. Die Bürger von Warazdin
suchten ihrem gefangenen Herzog die Haft nach Möglichkeit zu erleichtern. Zuletzt ließ ihu
noch Emerich frei und machte ihn zum Vormund seines Sohnes.
Mittlerweile wurde Zara wieder von den Venetianern erobert und so der Grund
zur Verdrängung Croatiens und damit auch Ungarns vom Meere gelegt. Es ist ein
für die Politik Venedigs charakteristischer Zug, daß der Doge Enrico Dandolo, während
Emerich für die katholischen Interessen kämpfte, mit Hilfe der Kreuzfahrer Zara eroberte.
Mit welchem Mangel an Verständniß Andreas I. (II.) (1205 —1235) die
dalmatinische nnd croatische Küste vernachlässigte, wie wenig er damit anzufangen wußte
und wie elend die Flotte bestellt gewesen sein muß, dafür ist die Thatsache charakteristisch,
daß der König, als er den Krenzzug unternehmen wollte, von den Venetianern um
schweres Geld und große politische sowie commercielle Concessionen Schiffe chartern
mußte. Er trat ihnen für das Recht, zehn ihrer Galeeren benützen zu dürfen, die Stadt
Zara sammt Umgebung in aller Form ab, gewährte ihnen Zoll- und Steuerfreiheit für
ihre vornehmsten Exportartikel, bewilligte ihnen freien Verkehr in den Ländern der unga-
rischen Krone, was bei der Superiorität ihres Gewerbes und Handels einem Monopol
gleich kam, und zahlte überdies 550 Mark Silber für jede Galeere.
Der Kreuzzug nahm feiueu Weg über das damalige Slavonien, an Agram vorbei
über Topusko und Bihaö nach Spalato. Trotz der mit so großen Opfern herbeigeschafften
venetianischen Schiffe stellte es sich heraus, daß die vom König aufgebrachte Armee nicht
vollständig befördert werden konnte; ein Theil der Kreuzfahrer mußte zurückkehren.
Bekanntlich war das Ergebniß des Kreuzzuges die vollkommene Zerrüttung der Länder der
ungarischen Krone und deren Finanzen. Von den Reliquien, die der König aus Palästina
als einzigen Gewinn mitbrachte, erhielt auch der Agramer Dom die Leiche eines Kindes,
das bei dem bethlehemitischen Kindermord getödtet worden sein soll.
Nach schweren Wirren und der Herausgabe der goldenen Bulle versöhnte sich
Andreas mit seinem Sohne Bela, der an diesen Wirren vielfach betheiligt war. Bei
der Versöhnungsaction zeichnete sich namentlich der Agramer Bischof Stefan aus. Der
Königssohn herrschte in den croatischen Ländern wie in einem unabhängige!? Königreiche.
Seine Würdenträger waren der Banns von ganz Slavonien (totius Sclavoniae) und der
Banus des Küstenlandes (cle muritimis Kanus). Bela reorganisirte das Agramer
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch