Seite - 57 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24
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Lebende ohne Rücksicht auf Alter oder Geschlecht. Der Chronist stellt dem König bezüglich
seiner Kriegsbereitschaft und Voraussicht ein schlechtes Zeugniß aus, während einzelne
Prälaten als Helden dargestellt werden. Nachdem ein guter Theil der Kriegstüchtigen sich
schon in einzelnen Kämpfen erschöpft hatte, entschloß sich der König zur Schlacht. Eine
entsetzliche Niederlage war es. Das ganze Volk auf der Flucht. Überall Tod und
Vernichtung. Eine große Anzahl von Menschen ertrank in den Flüssen und Sümpfen,
andere gingen durch Feuer und Schwert zu Grunde. Auf den Feldern und Straßen lag
eine Menge verstümmelter Leichen, die Erde war vom Blute geröthet, in den Gewässern
faulten die Cadaver und verpesteten die Luft so, daß viele dadurch deu Tod fanden. Alle
vier Elemente wirkten zusammen, dieses große Sterben herbeizuführen. Herrenlose Pferde,
weggeworfene Schätze allerorten, während die Zelte und die angehäufte Beute der
Tataren unberührt blieben. Es ist ein wahres Wunder zu nennen, wie der Chronist selbst
mit den Seinen nächtlicherweile entkam. Er verlor auf der Flucht Alles und rettete endlich
nur das nackte Leben, nachdem er noch wiederholt die schrecklichsten Gefahren bestanden.
Bei Tag versteckt, bei Nacht durch die Wälder schleichend, bettelt er sich durch und muß
das Entsetzlichste schauen und erleben. Es war, als erfüllten die Tataren die Lüfte, die
Gewässer, die ganze Erde. Hohle Bäume, Höhlen und Erdlöcher waren sein Versteck. Von
Hunger getrieben, wagten sich endlich die Flüchtlinge aus den Wäldern hervor. Die
Tataren versprachen ihnen, sie zu schonen, machten sie aber zu ihren Leibeigenen und
schändeten vor ihre» Augen deren Frauen und Kinder. Die Leute mußten die Ernte
einbringen, ihnen Kleider, Nahrung, Pferde, Mädchen herbeischaffen. Zum Lohne wurden
dann später die meisten erschlagen.
Das Leben der Flüchtlinge wird mit ergreifender Anschaulichkeit und in Wendungen
erzählt, auf die ein moderner realistischer Schriftsteller stolz sein könnte. Wie sie gleich
Schlangen aus den Erdlöchern hervorkriechen, Menschen sehen und sie für Feinde halten,
wie sich Flüchtlinge vor Flüchtlingen fürchten, wie sie beinahe erblinden und gleich den
Thieren Gras essen, und nun doch über alle diese Schrecken die Hoffnung des Lebens siegt.
Endlich merken sie, von hohen Bäumen herabspähend, daß das verwüstete Land von den
Tataren verlassen sei. Wo noch in den zerstörten Kirchen Glocken gefunden wurden, gab
man Zeichen, kleine Gruppen sammeln sich, irren dnrch's Land, finden andere Haufen von
Flüchtlingen auf einem hohen, steilen Felsen mitten im Walde. Dort leben sie in größter
Noth, bis endlich der König in Begleitung vieler Bewaffneten nach Ungarn zurückkehrt,
nachdem er von den Ungarn die Versicherung erhalten, daß die Tataren abgezogen seien.
Die Erzählungen älterer croatischer Geschichtsschreiber von einerNiederlage der Tataren
auf dem Felde von Grobnik gehören in das Reich der Sagen. Ebenso nnwahr sind die
Berichte über die Siege der Brüder Friedrich und Bartholomäus von Veglia (Frankapan)
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch