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kommen die Worte iilienl-nb, »keni. (Lied). (Gesang), iilieniiiil.^,. (Sänger),
hänfig vor. In einer Schrift vom Jahre 1157 findet sich das Wort »Ii»»?» (singen),
in einer vom Jahre 1262 das Wort ii1zui.nl. (Sänger). Von ihren Musikinstrumenten
werden im X. und XI. Jahrhundert erwähnt: die > .^>,1.1, iove.ii.mn (Gnsle, eine
primitive Geige mit einer oder zwei Saiten), in einem Codex vom Jahre 1262
i-oxcr» (geigen mit einem Bogen), (der Geiger), weiterhin
iianAv^ps (die Tanbnra), ei!»pi>.il., eiüipg^n (die Schnabelflöte), eo».ie»i> nso^l-ipl-ekiiiixi.
(die Schäfer-Oboe), por?., poman!» (das Horn), ?p^i.!> (die Trompete), nei^l-nin
(trompeten, in die Trompete stoßen), »i-kmi-li,!. (die Sackpfeife) u. s. w. Das Vor-
kommen dieser Wörter im alten Sprachschatz der Croaten beweist unumstößlich, daß
das Volk sowohl Gesang, als auch instrumentale Musik übte. Denn, wie ein
kroatisches Sprichwort sagt: „Was nicht besteht, hat auch keinen Namen" (,öesa nhe,
Iii i m e neina-).
Die alten Croaten hielten, wie die Serben, Musik und Gesang nur iudirect für ei«
Geschenk des Himmels, da sie beide als ein Werk des Menschen betrachteten. Infolge dieser
nüchternen Anschauung hatten sie auch unter ihren Naturgöttern keine Gottheit für Musik
oder Gesang. Das Symbol des Gesanges war bei den alten Croaten der Hahn, auch die
Nachtigall und die Schwalbe der Allmutter (badin kvkot, badin slavulj, dakinn Insta).
Ihre Gesaugsuympheu, die Vilen und Dodolen hielten sie nicht für himmlische, sondern
für irdische Wesen, die in den Bergen ein jungfräuliches Leben führten. Diese sangen so
lieblich und wundersam, daß sich niemand getraute, sie in der Nähe zu belauschen, um
nicht die Freude am eigenen Gesänge zu verlieren.
Von den weltlichen Sängern schätzte das croatische und serbische Volk am meisten
seine Aöden, die Gnslari, welche die Tugenden der Väter und die Thaten ihrer Helden
und Herrscher besangen. Diese Aöden, die ihre Gesänge mit der Gnsle begleiteten,
waren nicht nur Dichtersänger, sondern auch Lehrer und Rathgeber des Volkes, und
da kam es wohl vor, daß sie das Volk gegen irgend einen ungerechten oder unliebsamen
Herrscher aufstachelten und zum Aufstand verleiteten. Gelang es dem Herrscher, des
Anstifters habhaft zu werden, so wurde dieser ins Gefängniß geworfen und des
Augenlichtes beraubt. Traf es sich dann, daß der Geblendete irgendwie die Freiheit
erlangen konnte, so wanderte das Volk zu ihm, brachte ihm Geschenke und verehrte
ihn als Märtyrer.
Das Andenken an diese blinden Aöden blieb bei dem kroatischen und serbischen
Volke bis in die Gegenwart erhalten; es versammelt sich auf Wallfahrten, Märkten und
Volksfesten um die blinden Gnslari, die jetzt gewöhnliche Bettler sind, lauscht den
melancholischen Tönen ihres Gesanges und der Gnsle und beschenkt sie reichlich.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch