Seite - 120 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24
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Der Musikbedarf des kroatischen Volkes wird durch einheimische Musikanten gedeckt.
Fremde Musikmacher finden in den Dörfern Croatiens und Slavoniens keine Beschäfti-
gung, da sie weder croatische Melodien, noch kroatische Tänze spielen können.
Der Haupttanz des croatischen und serbischen Volkes ist der Kolo (Reigen), von dem
es jedoch mehrere Arten gibt: Lveweno kolo oder 0ro (der Fest-Kolo), 5unacko kolo (der
Helden-Kolo), der ^snsko kolo (Frauen-Kolo) und der SeHivo kolo (Scherz-Kolo). Im
Kolo wird auch gesungen, und zwar werden im Oro ernste, religiöse, feierliche Lieder, im
-lunacko kolo Heldenlieder, Balladen, im ^eiisko kolo Liebeslieder und im öahivo kolo
humoristische Lieder (,?oskocnice«) gesungen. Der Fest-Kolo und der Helden-Kolo werden
nur von Männern getanzt, der Frauen-Kolo von Mädchen und jungen Männern. Letzterer
veranschaulicht den in früheren Zeiten gebräuchlichen Brautraub. Sonst ist der Kolo das
Symbol des Sternenreigens am Himmel. Der Führer des Kolo, der an der Spitze der
Tanzenden steht, heißt Xolovocha (Reigenführer), er repräsentirt die Sonne im Reigen
der Sterne. Der Mann am anderen Ende des Kolo heißt k>riwcalo (Nachtreter), er
repräsentirt den Mond. Die Tanzenden fassen sich beim Gürtel und bilden so einen
geschlossenen Kreis; nur zwischen dem kolovoch'a und ?ritucalo besteht keine Verbindung.
In der Mitte des Kreises steht der Dudelsackbläser, der spielt, singt und tanzt.
Der Oro ist ohne Zweifel altgriechischen Ursprungs, denn die Beschreibung des
Choros (Ringeltanz) in der Jlias stimmt mit ihm ganz genau überein.
„Mitten ging ein Knab' in der Schaar; aus klingender Leier
Lockt er gefällige Tön', und sang den Reigen von Linos
Mit hellgellender Stimm'; und ringsum tanzten die andern,
Froh mit Gesang und Jauchzen und hüpfendem Sprung ihn begleitend.
Blühende Jünglinge dort und vielgefeierte Juugfrau'u
Tanzten den Ringeltanz, an der Hand einander sich haltend.
Kreisend hüpften sie bald mit schSugemessenen Tritten
Leicht herum, fo wie oft die befestigte Scheibe der Töpfer
Sitzend mit prüfenden Händen herumdreht, ob sie auch laufe;
Bald dann hüpften sie wieder in Ordnungen gegeneinander.
Zahlreich stand das Gedräng' um den lieblichen Reigen versammelt,
Innig erfreut; und zween nachahmende Tänzer im Kreise
Stimmten an den Gesang, und drehten sich in der Milte". *)
Die Tanzenden müssen dem Xolovoch'a in allen Stücken gehorchen, das heißt
alle Tanzfiguren nachahmen, die er ausführt, und das Lied singen, das er intonirt.
Es kommen indeß auch ganz eigenthümliche Figuren vor, z. B. die im Frauen-Kolo
(^ensko kolo), der den Brautraub darstellt, oder die Figuren des 5unaeko kolo, wobei
nicht gesungen, sondern aus Pistolen geschossen wird, um die Furie des Krieges zu
veranschaulichen. Sonst wird im Kolo so gesungen, daß eine Hälfte der Tanzenden einen
*) Jlias, 18. Gesang, Vers 56S—572, 593, 594, 599—605; deutsch von Johann Heinrich Goß.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch