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Inzwischen war allerorten das Bedürfniß entstanden, den seit 1850 veränderten
Zeitverhältnissen mehr Rechnung zu tragen. Die Realschulen waren seinerzeit eine
Concession an das praktische Leben gewesen und mussten neben den classischen Gymnasien
einen harten Kampf ums Dasein unter ungünstigen Bedingungen aufnehmen. Sie haben
diesen Kampf trotzdem siegreich bestanden. Die auf Errichtung der einheitlichen Mittel-
schule gerichtete Bewegung verlangte eine Verschmelzung des Gymnasiums und der
Realschule, wobei diese als tonangebend in die Verbindung eintreten sollte. Die croatische
Landesregierung hat diese Frage auf Grund des vorliegenden, sehr reichlichen Materials
durch eine That vorwärts gebracht.
Mit Allerhöchster Entschließung vom 19. September 1894 wurde nämlich die Ein-
führung eines neuen Typus der Mittelschule an Stelle der bisherigen Realschule gestattet;
es ist dies das croatische Realgymnasium, das mit den österreichischen Realgymnasien nur
den Namen gleich hat, sonst aber von ihnen verschieden ist. Die Einführung dieses Schul-
typus ist der erste praktische Schritt zur Realisirung der Einheit der Mittelschule.
Als Grundlage wnrde die siebenclassige Realschule nach österreichischem Typus
angenommen, die auch den Militärrealschulen als Vorbild diente. Das aus ihr
heraus entwickelte Realgymnasium unterscheidet sich von den gleichnamigen Anstalten in
Österreich dadurch, daß es eine achtclassige Realschule ist, an der für die humanistische
Bildung mehr Raum geschaffen wurde. Zunächst wurde auf das Studium der Geschichte
und Literatur mehr Gewicht gelegt, dann aber durch facultative Einführung des
Lateinischen denjenigen, die sich für das Studium dieser Sprache statt der französischen
entscheiden, die Möglichkeit eröffnet, sich an der Universität den juridischen und einem
Theil der philosophischen Studien widmen zu können. Diejenigen Schüler, welche die
französische Sprache wählen, absolviren eine Schule, die der österreichischen Realschule
insofern entspricht, als hier der gesammte Lehrstoff derselben bearbeitet wird, sie aber
übertrifft, da die Hinzufügung des achten Schuljahres eine zweckmäßige Erweiterung des
Lehrstoffes gestattet. Um den Schülern dieser Mittelschule die Möglichkeit zu eröffnen,
auch in Ungarn ihre Studien fortsetzen zu können, wurde parallel mit der französischen
und lateinischen Sprache die ungarische als facnltativ obligater Gegenstand eingeführt.
Der Schüler dieser Anstalt braucht also vor der fünften Classe noch nicht über seine
Zukunft zu entscheiden und ist nicht gezwungen, schon mit dem Eintritt in die
erste Classe dies für immer zu thun. Die ersten zwei Classen dieser Anstalt entsprechen
vollkommen denen der österreichischen Realschulen, in der dritten Classe beginnt
neben den Realschulgegenständen der Unterricht im Latein oder Französisch. In der
fünften Classe beginnt der Unterricht in der ungarischen Sprache und in der darstellenden
Geometrie.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch