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sie anderen Gebirgsbewohnern so häufig anhaften. Der Sestiner ist breit an Brust und
Schultern, hoch von Wuchs; seine geistige Entwicklung ist durch die Nähe der Stadt der-
maßen gefördert, daß man in dem kleinen Dorfe sogar eine eifrig besuchte Lesehalle und einen
thätigen Musikverein findet. Und der geistige Fortschritt hat die Leute körperlich nicht
geschwächt; man merkt es schon daran, daß selbst bei strengster Kälte Mann und Weib in
ihren weißen, mit farbigen Stickereien geschmackvoll verzierten Leinenkleidern erscheinen,
die selbst bei dem Ärmsten von musterhafter Reinheit sind. Und wenn sie dann Sonntags
aus der Stadt heimkehren, die Weiber mit schweren Lasten auf dem Kopfe, schreiten sie
unter Scherz und Geplauder stramm und aufrecht den Berg hinan, ohne Spur von
Anstrengung, im ruhigen Bewußtsein ihrer Kraft.
Will man näher mit ihnen bekannt werden, so bieten die zahlreichen Wirthschaften
an der Straße, wo der heimische Wein das Herz öffnet und die Rede rascher fließen macht,
Gelegenheit zum Verkehr, vor dem der Bauer keinerlei Scheu hat, vielmehr mit seinem
gesunden Mutterwitze dem Städter häufig „über" ist.
Aus Sestine gelangen wir in das romantische Thal von St. Xaver, das nicht nur
wegen der Kirchweihfeste seines alten Gotteshauses, sondern auch durch den edlen Wein
seiner sonnigen Hänge berühmt ist. Zahlreiche Anwesen, moosbewachsene Mühlen und alte
Kirchlein liegen verstreut in dem üppigen Grün des wohlbewässerten Thales, Obstgärten
wechseln mit Weinbergen und das Ganze ist ein Bild gemüthlichen Lebensgenusses.
Stimmungsvolle Bilder gewähren noch andere Thäler, die sich vom Fuße des
Gebirges zwischen den erwähnten Ausläufern sanft zur Stadt niedersenken, so namentlich
das steinreiche Thal bei Vidovec und das durch seine Grotte bekannte Thal bei Marknsevee.
Westlich vom Sestinethale erstreckt sich etwa eine Gehstunde weit das Thal von
Prekrizje, als Fortsetzung von Tuskanec, der Villenstadt Josipovac und Zelengaj („grüner
Hag"), und das Thal von Miknliö mit dem Sv. Duh (heil. Geist) am letzten AbHange
längs der Straße nach Podsnsed.
Zahlreiche Villen, von Weinbergen umgeben, sind in der ganzen Gegend verstreut,
und in den herrlichen Herbsttagen der Lesezeit entwickelt sich das Landleben des Städters
besonders fröhlich.
Die Thäler östlich von Sestine sind, außer dem Weingelände Bnkovac, weniger
belebt. Verlassen wir die Stadt in östlicher Richtung durch die Lachische Gasse, so gelangen
wir einer prächtigen Kastanienallee folgend in einer Stunde nach dem umfangreichen
Park Maximir (Maxensruhe). Dieser mit Teichen, Glorietten, Jägerhäusern, einer schönen
Capelle des heiligen Georg :c. ausgestattete Park ist auf hügeligem Terrain in englischem
Stil angelegt und 2'/» Quadratkilometer groß. Sein Schöpfer war Cardinal Maxi-
milian Vrhovac; er gehört dem Erzbisthum Agram, ist aber allgemein zugänglich und
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch