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das heißt: Diplome und andere Dokumente wurden als echt erachtet, wenn sie, ob im
Original oder in Abschrift, mit dem Siegel des Domcapitels versehen waren. Auch
Vereinbarungen und Contraete, Testamente und Vermögensabtretungen, sowie alle
anderen Urkunden wurden damals am sichersten vor dem Domcapitel, wie heutzutage vor
einem öffentlichen Notar, geschlossen. Für das Beglaubigungssiegel des Domcapitels war
eine bestimmte Taxe zu entrichten.
Obwohl auch in der alten Agramer Oberstadt dank den Mönchsklöstern die
Priesterschaft zahlreich vertreten und natürlich sehr einflußreich war, so lagen doch die
Verhältnisse in dieser Bürgergemeinde ganz anders, als in der Capitelstadt. Die geistlichen
Herren in der Capitelstadt lebten von ihren gesicherten Einkünften, während die Bürger in
Gradee auf Erwerb angewiesen waren. In der That sehen wir viele von den Gewerben,
die im mittelalterlichen Westeuropa blühten, auch in Agram vertreten. Überhaupt
pulsirte in Agram im XIV. und XV. Jahrhundert ein regeres Leben als vom XVI. weiter
bis in das vierte Decennium des XIX. Jahrhunderts. Die Türkenherrschaft hatte den
Faden der nationalen Cultur Croatieus zerrissen, und diese traurige Erscheinung spiegelt
sich auch im Leben der Landeshauptstadt. Das mittelalterliche Agram hatte seit der
Mitte des XIII. Jahrhunderts in der Cultur mit dem damaligen Westeuropa fast gleichen
Schritt gehalten. Für das neuzeitliche Agrain läßt sich dies erst wieder in der zweiten
Hälfte des XIX. Jahrhunderts behaupten.
Die große Mehrheit der Bevölkerung bcstano schon im Mittelalter ans Croateu;
neben diesen findet man aber auch Italiener („Walachen"), dann Ungarn nnd Deutsche.
Die Italiener hatten sich in Agram zumeist als Händler mit Südfrüchten und anderen
Waaren ihres Vaterlandes, oder als Gold- und Silberarbeiter niedergelassen, während
die Deutschen zumeist Schuster, die Ungarn Csizmenmacher und Fleischhauer waren.
Schon im Mittelalter finden sich in Agram auch einige Juden, sogar als Hausbesitzer;
das Bürgerrecht jedoch konnten sie bis zum XVIII. Jahrhundert nicht erlangen. In den
lateinischen Documenten Agrams ans dem XV. Jahrhundert werden 22 verschiedene
Gewerbezweige fast regelmäßig in croatifcher Sprache bezeichnet, während für 33 Gewerbe-
zweige meist das lateinische Wort vorkommt.
Auch der Handel war im mittelalterlichen Agram verhältnißmäßig stärker, als im
neuzeitlichen und selbst neuesten. Das mittelalterliche Agram trieb lebhaften Handel mit
allen benachbarten Ländern, insbesondere mit Ungarn und dem Küstenlande. Sehr
förderlich waren ihm die schon erwähnten Wochenmärkte und namentlich die drei großen
Jahrmärkte: Stephani-, Marcus- und Margarethenmarkt. Überdies kam es ihm nicht
wenig zu statten, daß die Agramer Bürger, wie schon erwähnt, im ganzen Königreich von
allen Mauth- und Dreißigstgebühren befreit waren.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch