Seite - 426 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24
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noch sind einzelne alte Kirchen erhalten, die, ans Holz gebant, durch ihre eigenthümlichen
Fenster besonders ausfallen. Dieselben öffnen sich nach abwärts wie an tiirkischen Bazar-
häusern und gestatten den Einblick in das Innere, wo nur wenige Raum haben. Noch hat
sich unter ihnen die Hanscommune erhalten und es gibt Fälle, wo an hundertfünfzig
Menschen in Gemeinschaft leben.
Ganz besonders interessant sind die Gebräuche bei den Hochzeiten der adeligen
Gemeindemitglieder. Alle Männer erscheinen dabei in dunkelblauen Galakleidern, Stiefeln,
den Kalpak auf dem Kopfe, den Säbel an der Seite. Die Frauen haben ein weißes
Gewand, aus dünnem feinen Gewebe, um den Hals viel rothe Korallen; die Bräute
rothe Bänder und eine Blumenkrone auf dem Kopfe. Vor der Hochzeitsschar schreitet
der Beistand, Lturi svut, den Zuschauern Späße zurufend; nach ihm folgen die Geiger,
die lustig darauf losfiedeln. Nach der kirchlichen Ceremonie, wenn alle aus der
Kirche getreten sind, mischt sich die junge Frau unter die jungen Männer, die ihr
mit den Säbeln die Brautkrone vom Haupte stoßen und diese in Stücke hauen. Die
Tochter eines adeligen Gutsbesitzers bekommt eine Ehrenwache, die am Altare mit Blumen
in der Hand dicht bei ihr steht.
Ein besonderer Feiertag ist in Tnropolje der Tag des heiligen Georg. Zu dieser
Zeit blühen die Georginen, sowie die ,5elenski krustovi- am Tage der heiligen Helene.')
Am Vorabende des Georgstages werden Feuer angezündet, die bekränzte Jugend
springt hindurch, indem sie alterthümliche Lieder singt. In der Frühe des Georgstages
halten die Mädchen und Knaben Umzüge, mit frischen Blumenkränzen auf den
Köpfen, mit Fahnen und unter dem Gesänge uralter, an die Heidenzeit mahnender
Lieder, die mit dem merkwürdigen Refrain „Xirvles" (Kyrie eleison) endigen. So zieht
man von Haus zu Haus, um allerlei Gaben in Empfang zu nehmen.
Jedes adelige Haus in Tnropolje hat sein ,.^us" (Recht). Ins bedeutet aber: Im
Herbst ist dem Betreffenden erlaubt,seine Schweine zur Eichelung in den Wald zu treiben,
er darf unentgeltlich Holz aus dem Walde hereinführen und Participirt an jedem Verkaufe.
Der Wald aber, der dem Adel von Tnropolje gehört, ist sehr groß und dehnt sich zwischen
den Vukomericer Hügeln und der unteren Odra aus, ein Eichenwald von riesigem
Umfange, worin im richtigen Verhältniß Hirtenwirthschaften vertheilt sind, zur
Aufnahme und zum Schutze der Hirten am Beginn des Winters, für die Dauer der
Eichelmast. Die Wohnungen für die Schweinehirten sind unterirdisch, das Borstenvieh
aber ist in dem Stockwerk über dem Erdboden untergebracht, also in umgekehrter
Ordnung. Am Tage des heiligen Bartholomäus begibt sich alle Dienerschaft der
') Ein nicht wiederzugebendes Wortspiel, ^slen ist der Hirsch, Fels, Helena — Helene. Demnach kann das Adjectiv
jelvnslci sich auf ^slon und ^o!a beziehen.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch